Marsch auf die Mopo

Polizei hält GegendemonstrantInnen auf Abstand. Aber die Wut der AnwohnerInnen lässt sich nicht unterdrücken  ■ Von Peter Müller

Es war nicht das Wochenende des Neonaziführers und Ex-Vizechefs der verbotenen „Nationalen Liste“ Christian Worch. Worchs Aufmarsch mit 70 rechten „Jungvolk“-Hardlinern gegen die Berichterstattung der Hamburger Morgenpost gestaltete sich gestern im multikuturellen Bahrenfeld als Spießroutenlauf. Obwohl 2000 PolizistInnen in Kampfmontour mit Gittersperren und Wasserwerfern redlich bemüht waren, GegendemonstrantInnen auf Abstand zu halten, störten verbale Proteste und einzelne Wurfgeschosse die Nazi-Kundgebung nachhaltig.

Schon am Sonnabend hatte Worch eine Niederlage einstecken müssen: Zwar hatte das Bundesverfassungsgericht den von ihm angemeldeten Aufmarsch für den Erhalt der Fascho-Pinte „Club 88“ genehmigt. Aber der Umzug der 400 Neonazis und Skinsheads scheiterte nach nur 500 Metern am Widerstand der Neumünsteraner. In Bahrenfeld hatte die Polizei gestern alles mögliche getan, Proteste der Bevölkerung gegen Worch & Co zu unterbinden. Sogar der Fußballclub Altona 93 musste sein Heimspiel aus der „Adolf-Jäger-Kampfbahn“ – direkt gegenüber des Mopo-Verlagshauses – nach Norderstedt verlegen, damit die Neonazis marschieren konnten.

Als sich am Mittag die ersten ProtestlerInnen zur Gegenkundgebung am Hohenzollernring versammelten, befand sich die Gegend um die Griegstraße bereits im Belagerungszustand. Die Kundgebung war von der Polizei dorthin verbannt worden, nachdem sich die Mopo-Verlagsleitung „aus Sicherheitsgründen“ nicht dazu durchringen konnte, der Forderung von Redaktion und Belegschaft nach einem „Fest gegen Hass“ auf dem Mopo-Gelände zu entsprechen. Das aber hätte vielen Menschen den freien Zugang zum Verlagshaus in der Griegstraße ermöglicht und gleichzeitig die Nazi-Kundgebung vermutlich noch mehr behindert.

Später sammelten sich mehr als 1000 GegendemonstrantInnen an den Polizeisperren, mit denen sie auf Abstand gehaltenm werden sollten. Es kam zu vereinzelten Rangeleien und Auseinderandersetzungen mit Polizisten, die dafür mit Parolen wie „deutsche Polizisten schützen die Faschisten" bedacht wurden. Die Wut der unmittelbaren AnwohnerInnen aber konnte die Polizei nicht unterbinden, so dass Worchs Kundgebung unweit des Mopo-Hauses alles andere als geordnet verlief. Leute stürmten aus den Häusern und hängten Transparente aus den Fenstern. Einige provozierten mit türkischen Fahnen.

Als Worch dann über den Unterschied von Cholera und „Mottenpest“ fürMopo, philosophierte und davon träumte, dass die kleine versammelte Schar ja nur die Vorhut von 80 Millonen Deutschen sei, und selbst „die linken Krakäler von heute in zwei Jahren zu uns stoßen werden“. Dazu gäbe es keine Alternative. Sprechchöre und Sirenengeheuel übertönte ihn: „Halts Maul! Nazis raus, Nazis raus!“

Auch als der braune Mob nach nur 45 Minuten den Rückzug antrat und dabei: „Ali, Memet, Mustafa – geht zurück nach Ankara“ skandierte, waren die Proteste der Teenies deutscher und türkischer Nationalität dominierend: „Verreckt Ihr Nazi-Schweine,“ schrien sie. Mit versteinerter Miene steuerte Worch schnurstracks den rettenden S-Bahnhof Bahnhof Bahrenfeld an, um seine Kameraden ohne große Worte zu verabschieden. Es blieb zwar die Drohung: „Wir kommen wieder“ – aber nach dem Debakel vom Juli in Altona – wo die Neonazis ihren Umzug abbrechen mussten – werden sie wohl auch Bahrenfeld die nächste Zeit meiden.