Der Frauen-Aufbruch

taz-Serie Zwischenzeiten (Teil 7): Im Dezember 1989 trafen sich über tausend Frauen in der Berliner Volksbühne. Sie wollten die Chance auf Veränderung nutzen: privat, beruflich, politisch

von SABINE AM ORDE

Es war ein theatralischer Auftritt: „Hexen des 20. Jahrhunderts, steigt herab“, rief die Schauspielerin Walfriede Schmitt am 3. Dezember 1989 in der Berliner Volksbühne. Über 1.000 Frauen aus unterschiedlichen Himmels-, Berufs- und Politikrichtungen hatten sich hier versammelt, um den Unabhängigen Frauenverband der DDR (UFV) zu gründen. Manche von ihnen vertraten „nur“ sich selbst, andere waren bereits gewählte Sprecherinnen ganzer Gruppen, die sich in den Wochen zuvor in der ganzen DDR zusammengefunden hatten. Sie alle waren es leid, dass die Bürgerbewegungen, die bis dahin das politische Terrain dominiert hatten, viele Fragen zur Umgestaltung der DDR auf die Tagesordnung setzten – nur die Geschlechterfrage nicht. Und sie wollten die Chance auf Veränderung nutzen: privat, beruflich, gesellschaftlich.

Unter dem Titel „Ohne Frauen ist kein Staat zu machen“ verlas Walfriede Schmitt das „Manifest einer autonomen Frauenbewegung“. Die darin skizzierten Foderungen an eine Frauenbewegung bezogen sich auf eine zu reformierende DDR und waren damit drei Wochen nach Öffnung der Mauer schon fast wieder Makulatur.

Nach der Volkskammerwahl nahmen die Abwehrkämpfe überhand, nach der Wiedervereinigung war die Hoch-Zeit des UFV vorbei. 1998 wurde nach langen Diskussionen und dem Scheitern einer Reorganisation der Bundesverband aufgelöst. Landesvereinigungen des UFV in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin aber bestehen weiter. Die Frauenzeitschrift Weibblick, einst als Rundbrief des UFV gegründet, hat den Verband überlebt. Jetzt fragte sie Aktivistinnen von einst, was vom Aufbruch der DDR-Frauen geblieben ist. Die taz dokumentiert einen Teil der Statements leicht gekürzt.

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