„Für Erweiterung offensiv werben“

DGB unterstützt den Vorschlag Verheugens, vor der EU-Osterweiterung eine Volksbefragung durchzuführen

taz: EU-Kommissar Günter Verheugen fordert, vor der EU-Osterweiterung eine Volksbefragung durchzuführen. Was halten Sie davon?

Leo Monz: Die Politik wäre damit aufgerufen, offensiver für die Osterweiterung zu werben. Das geschieht viel zu wenig.

Aber bisher ist doch völlig unklar, worüber die Bürger abstimmen sollten.

In der Tat gibt es weder einen Zeitplan für die Osterweiterung, noch ist seitens der Bundesregierung eine klare Strategie zu erkennen. Genau deshalb halte ich diesen Vorstoß für richtig. Die Menschen haben ein Recht darauf, zu erfahren, was die Regierungen planen.

Würden Gewerkschaftsmitglieder mehrheitlich für die Osterweiterung stimmen?

Natürlich gibt es auch bei Gewerkschaftern Ängste und Befürchtungen. Wir müssen den Leuten deutlich machen: Mit der Osterweiterung kann Deutschland mit seiner exportorientierten Wirtschaft nur gewinnen. Sie ist aber auch notwendig, weil das friedliche Europa ein Torso bleibt, wenn es uns nicht gelingt, die östlichen Nachbarn zu integrieren.

Was sagen Sie den Arbeitnehmern, die einfach Angst vor der neuen Konkurrenz haben?

Natürlich bringt es nichts, so zu tun, als ob es bei der Osterweiterung keine Gefahren gäbe. Aber alle seriösen Studien gehen davon aus, dass es nicht zu der befürchteten Masseneinwanderung kommen wird. Im Gegenteil: Je besser es den Menschen dort geht, desto weniger Grund haben sie auszuwandern.

Das wird aber nicht von heute auf morgen passieren. Muss es deshalb nicht Übergangsfristen geben, etwa bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit?

Davon halte ich nichts, denn die Arbeitnehmerfreizügigkeit bedeutet keine Arbeitslosenfreizügigkeit. Nur wer eine Arbeit findet, kann bleiben, das ist auch in der alten EU so. Viel wichtiger ist, dass es kein Lohndumping gibt und alle Arbeitnehmer gleich behandelt werden, egal woher sie kommen.

Wie sieht es etwa bei polnischen Firmen aus, die ihre Beschäftigten in Deutschland arbeiten lassen, aber nach polnischen Tarifen bezahlen?

Das ist in der Tat schwieriger, betrifft aber nicht die Arbeitnehmer-, sondern die Dienstleistungsfreiheit. Ernsthafte Probleme sehe ich aber auch da nur in bestimmten Branchen, etwa auf dem Bau. Deshalb kann ich es verstehen, wenn die IG BAU jetzt Übergangsfristen bei der Dienstleistungsfreiheit fordert.

INTERVIEW: LUKAS WALLRAFF