Neue Repressionswelle in Birma

Die Parteizentrale der oppositionellen Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi wurde geschlossen, etliche weitere Oppositionelle wurden festgenommen. Politiker aus Europa und den USA protestieren gegen die Junta – doch ohne Erfolg

von JUTTA LIETSCH

Birmas Militärregime hat am Wochenende die Schikanen gegen seine Kritiker verschärft: Nachdem Polizisten die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi und ihre 14 Begleiter in der Nacht zum Samstag gezwungen hatten, von einem 15 Kilometer entfernten Vorort in die Hauptstadt zurückzukehren, wurde auch das Hauptquartier ihrer „Nationalen Liga für Demokratie“ (NLD) von Beamten durchsucht und geschlossen. Zahlreiche Dokumente seien beschlagnahmt worden, berichteten NLD-Mitglieder.

Mehrere prominente Oppositionelle, darunter auch der NLD-Vizevorsitzende Tin Oo, wurden gestern in ihren Häusern festgehalten, die Telefonleitungen waren unterbrochen. Als der fast achtzigjährige ehemalige General Tin Oo von Journalisten gefragt wurde, ob er gegen die Behandlung protestieren werde, sagte er wütend: „Wie denn? Ich kann ja mein Haus nicht einmal verlassen!“ Diplomaten, die das Grundstück Aung San Suu Kyis in der Universitätsstraße besuchen wollten, wurden von Uniformierten abgewiesen.

Damit endete der jüngste Versuch der Politikerin, die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf die unverändert scharfe Unterdrückung jeder oppositionellen Regung in Burma zu lenken. Neun Tage lang hatte die Gruppe in einem Wagenkonvoi im Ort Dala außerhalb ausgeharrt, nachdem Soldaten sie am 24. August auf dem Weg zu einem geplanten Parteitreffen gestoppt und die Luft aus den Reifen gelassen hatte.

US-Außenministerin Madeleine Albright erklärte, sie sei „empört“ darüber, das die Bewegungsfreiheit und „die grundlegenden Menschenrechte“ Aung San Suu Kyis eingeschränkt werde. Ihr britischer Amtskollege, Robin Cook, sprach von einem „Skandal“. Thailands Minister Surin hatte zuvor gewarnt, die scharfe Haltung Ranguns gegenüber der Opposition könne die Beziehungen des südostasiatischen Staatenklubs Asean zu Europa erneut verschlechtern. Seit Burma Mitglied der Asean ist, gibt es zwischen beiden Organisationen ständig Ärger über das Regime. Da die Europäer sich bislang weigerten, die Generäle zu gemeinsamen Gesprächen zuzulassen, fielen geplante Ministerkonferenzen in den letzten drei Jahren immer wieder ins Wasser. Erst vor wenigen Monaten hatte die EU ihre Haltung abgeschwächt und die Teilnahme bei einem Wirtschaftstreffen im Dezember in Laos zugesagt. Das könnte jetzt erneut in Frage gestellt werden.

Die Aktion der 55-jährigen Oppositionspolitikerin wirft ein grelles Licht auf die verfahrene Situation in dem Land: Elf Jahre, nachdem Aung San Suu Kyis Partei bei den Parlamentswahlen haushoch gegen die Vertreter des Militärregimes gewann, scheint ein demokratischer Machtwechsel ferner denn je.