Roland Koch will im Amte weiterstinken

Neue Vorwürfe gegen Hessens Ministerpräsidenten in Sachen Schwarzgeld und Spendenaffäre. Rücktrittsforderungen der SPD weist er nach wie vor zurück. Bundes-CDU gibt Rückendeckung

FRANKFURT/MAIN taz ■ Die Rücktrittsforderungen gegen den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) haben sich seit dem Wochenende wieder dramatisch gehäuft. Grund: Es gibt neue Erkenntnisse über die Schwarzgeldaffäre der Landespartei. Bis in dieses Frühjahr hinein soll die CDU geheime Schwarzgeldkonten geführt, Spenden gestückelt und handschriftlich nachdatiert haben. Ein CDU-Mitglied soll gestanden haben, das Kassenbuch der CDU so weit gefälscht zu haben, dass es wieder mit dem Parteiengesetz übereinstimmte.

Bundeskanzler Gerhard Schröder forderte am Samstag während des Sonderparteitages der hessischen SPD in Kassel den Rücktritt von Koch: „Der Fisch stinkt zuerst vom Kopf.“ Das Verhalten der derzeitigen Landesführung sprenge „alle bisher bekannten Maßstäbe“: „Das hat das Land Hessen nun wirklich nicht verdient!“ Auch der hessische SPD-Landesvorsitzende und Bundesfinanzminister Hans Eichel machte sich in seiner Heimatstadt Luft: „Wann endlich will diese Landesregierung abtreten?“ Sie habe alle Glaubwürdigkeit verspielt, und die sei „die Grundlage der Durchsetzungsfähigkeit“. „Schwarze Zahlen“, so Eichel, „schreiben die nur mit schwarzen Kassen.“

Koch bestritt noch in der Nacht zum Samstag in ZDF und ARD einige der neuen Vorwürfe. 450.000 Mark Spenden des Haftpflichtverbands der Deutschen Industrie (HDI) an die CDU-nahe Akademie für politische Bildung seien dort nicht gewaschen, sondern ordnungsgemäß verwendet worden. Einen inzwischen bekannt gewordenen Dankesbrief Kochs an den Schwarzkassenverwalter Prinz Wittgenstein nannte er eine allgemeine Höflichkeitsbezeugung. Rückendeckung bekam er gestern von der Bundes-CDU. Deren Fraktionsvorsitzender Friedrich Merz erklärte: „Ich kann verstehen, dass Eichel seine Niederlage bei der hessischen Landtagswahl immer noch nicht verkraftet hat.“ Die Rücktrittsforderungen seien „absurd“.

Gestern Nachmittag bezog auch die hessische CDU erstmals Stellung. Generalsekretärin Otti Geschka reagierte gelassen: „Wieder nichts Neues, the same procedure as every day.“ Für die Existenz eines hauseigenen Schwarzkontos der Wiesbadener Parteizentrale und dessen nachdatierte „Rückabwicklung“ hätten bereits der im März dieses Jahres entlassene Generalsekretär Herbert Müller und der damalige stellvertretende Landesgeschäftsführer Hehn die Verantwortung übernommen. Eben deshalb seien diese ja entlassen worden. Sie selbst, so Geschka, habe schon Anfang Mai auf einer Pressekonferenz darauf hingewiesen, dass auch kleine Beträge, zum Beispiel für Aushilfskräfte, schwarz gezahlt worden seien. Detailaufklärung könne aber „nur von der Staatsanwaltschaft geleistet werden“. HEIDE PLATEN

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