Abenteuer Flugplatz

Die taz führt an die wahrhaft bösen Orte dieser Stadt. Teil 6: In Fuhlsbüttel macht es „Paff“. Immer wieder  ■ von Heinz-Günter Hollein

Ich hätte es besser wissen sollen. Das „Abenteuer Hamburg-Airport“ ist nur was für die ganz Beinharten. Schon am Eingang zum „Observation Deck“ – vulgo Aussichtsterrasse – wird gnadenlos gesiebt. „Drei Mark für'n bisschen Gucken?“ Da sagt so mancher verbittert „Frechheit!“ und macht auf dem Fuße kehrt. Ich aber trete tapfer vor, entrichte meinen Obolus und werde sogleich streng beschieden: „Rauchen überall verboten!“ Trinken hingegen nicht, lockt doch das Selbstbedienungsregal hinter der Kasse mit einem mondänen Sortiment aus Jever-Büchsen und Jägermeister zu 4,50. Da heißt es: Augen zu und dran vorbei. Denn draußen wartet „der direkte Blick aufs Vorfeld“.

Und was sich da unten nicht alles tut. Hier rollt ein feuerroter Schleppzug voller Koffer von rechts heran und fährt nach links. Dort steigt ein Trüppchen Blau-Uniformierter aus einem Kleinbus, erklettert eine Gangway und verschwindet in einem Flugzeugrumpf. „Paff!“ macht's auf der grünen Wiese vor Landebahn 05, und aufsteigt mit mattem Flügelschlag ein Vogel. Eine Krähe wie es scheint. Doch lässt sie sich bald wieder nieder. Ein Flugzeug tut's ihr nach, schwenkt auf die Startbahn ein, beschleunigt, hebt ab und steigt hinauf ins grau-blaue Firmament. Und mit einem Male – schwupps – weg isses. Und da kommt auch gleich das nächste: schwenkt ein, beschleunigt, hebt ab und – schwupps – weg auch dieses. Aber, wie es sich so fügt, für jedes, das davonfliegt, schwebt gleich ein anderes heran. Das ist ausgewogen, das ist poetisch. Das ist Abenteuer pur.

Bei aller Technikfixiertheit ist hier oben aber auch Raum für Menschliches. Neben mir wird ein Feldstecher gezückt und männlich übers Areal geschwenkt. Ein ausgestreckter Arm will etwas weisen, aber der Begleiterin ganze Aufmerksamkeit gilt momentan dem schokoladeneis-verschmierten Soh-nesmund. Hinter mir bäumt sich eines Rauchers Schmacht gegen das ausdrückliche Verbot. Allein, es weht ein rauher Wind, und so trollt der Trotzige sich nach mehrfach vergeblichem Zündversuch ergeben in Richtung Toilette. Draußen auf dem „Apron“, wie wir Airport-Junkies sagen, pfeift derweil die eine oder andere Düse, brummt wohl auch ein Turboprop, und zwischendurch macht's immer mal wieder „Paff“.

Zeit für ein bisschen Plane-Spotting will mir scheinen, und ich werde auch sogleich mit einem „Call Sign“ von geradezu olympischer Symbolkraft belohnt. „D–ABEI“ lautet die Markierung der Condor-Boeing 737, die vorm Terminal 2 versonnen an ihrem Tankrüssel nuckelt. Da kann das Auge gar nicht müde werden, und nur mit Mühe reisst sich der Besucher los vom turbulenten Fluggeschehen.

Aber ganz ohne ein Memento will ich doch nicht scheiden. Beim Hinausgehen finde ich neben der Kasse denn auch das Passende. Ein Video betitelt „Emergency“ verspricht 40 Minuten „Startabbrüche, Notfallübungen und verfehlte Landebahnen“. Genau das Richtige, um die Gefährtin auf den nächsten Urlaubsflug einzustimmen.