Zwischen Glamour und Independent

■ Morgen wird das 7. Oldenburger Filmfest eröffnet. Die taz sprach mit dem Veranstalter

Bis zum Sonntag sind in Oldenburg wieder Filme zu sehen, die nur selten in die Kinos oder ins Fernsehen kommen. Festival-Organisator Thorsten Neumann hat eine breite Palette zusammengestellt, die von einer Romanze aus der Ukraine über viele Genrefilme bis zu einer ungewöhnlichen Shakespeareadaption reicht.

taz: Herr Neumann, Sie haben zwar im Programm extra eine „Independent Reihe“ ausgewiesen aber ist im Grunde nicht jeder Streifen, der in Oldenburg gezeigt wird, ein Independent-Film?

Thorsten Neumann:Wir haben in der internationalen Reihe zwar auch einige Filme, die von einem großen Verleih betreut werden, aber im Grunde stimmt das natürlich.

Sie zeigen ja auch nicht, wie bei fast allen Filmfestivals üblich, Hollywoodproduktioen als Preview kurz vor dem Kinostart. Wollen Sie nicht, oder wollen die Sie nicht?

Beides, aber mit Einschränkungen. Vor ein paar Jahren haben wir mal einen Michelle Pfeiffer/Robert Redford-Schinken gezeigt. Das war halt gut fürs breite Publikum. Wir hätten schon gerne zum Beispiel den neuen Tom Tykwer-Film „Der Krieger und die Kaiserin“ gezeigt, aber der läuft gerade in Venedig und ist deshalb für uns nicht zu haben.

Früher wurde immer ein wenig gelästert, dass so viele US-amerikanische Filme im Programm des Festivals sind, weil die Organisatoren so gerne nach Los Angeles fliegen. Daran hat sich nicht viel geändert, über die Hälfte der gezeigten Filme sind aus den USA.

Es ist aber auch viel leichter für uns, Filme aus den USA nach Oldenburg zu holen. Das geht alles viel lockerer vonstatten als in Europa, wo die Verleiher es einem viel schwieriger machen. Für einen französischen Film werden da etwa 2.000 Dollar „screening fee“ verlangt, die sich so ein kleines Festival gar nicht leisten kann. Ich fahr schon gerne nach Los Angeles, aber vieles läuft bei uns auch über persönliche Kontakte. So haben wir etwa in dem Schauspieler Methew Modine, der schon zwei Mal hier zu Gast war, einen Fürsprecher, der auch was bewegen kann. Durch ihn haben wir etwa so kurzfristig, dass es nicht mehr in den Programmen steht, den Film „Very Mean Men“, in dem er die Hauptrolle spielt, noch mit ins Programm genommen.

Das Festival ist etwas kleiner geworden, weil weniger Geld fließt. Was hat sich geändert?

Wir haben ein Kino in der Kulturetage weniger, dafür finden in der „Filmmakers Lounge“ Videoscreenings statt – in guter Qualität, aber es ist halt kein richtiges Kino. Das hilft uns, die zwangsläufige Verkleinerung zu überspielen. Das Budget wurde von bisher um 340.000 Mark auf deutlich unter 300.000 Mark gekürzt, und dafür gibt es jetzt ein paar Filme und Gäs-te weniger.

Der Eröffnungsfilm ist traditionell aus Deutschland, und ebenso traditionell eher ein gesellschaftliches als ein cineastisches Ereignis. Böse gesagt ist es egal, was gezeigt wird, denn da trifft man sich in Oldenburg.

Da ist schon was dran. Karten für die Eröffnungsvorstellung sind immer heiß begehrt, und weil die Stars des Films „Freunde“ von Martin Eigler, Benno Fürmann und Christiane Paul, nach Oldenburg kommen werden, gibt es ein bisschen Rummel, wenn sie vor dem Kino aus der Limousine aussteigen.

Der Abschlussfilm ist dagegen ein cineastisches Schwergewicht: eine Adaption von „Titus“ mit Anthony Hopkins und Jessica Lange. Das ist wohl die erste Shakespeareverfilmung bei Ihnen und etwas überraschend, denn in Oldenburg erwartet man eher Genrefilme als hohe Kultur.

Wir haben in diesem Jahr ja auch eine ganze Reihe von Horrorfilmen im Programm, und ich persönlich halte den Artfilm auch nicht für eine sehr schützenswerte Spezies. Glatte Literaturverfilmungen für das Bildungsbürgertum halte ich nicht für so entdeckenswert, und Kenneth Brannagh hatten wir nie auf unserer Wunschliste. Aber in „Titus“ trifft, wie ein US-Kritiker schrieb, Shakespeare auf Matrix, und er ist so ungewöhnlich und gegen die Erwartungen inszeniert, dass er genau in unser Profil passt, denn er bietet eine Mischung aus viel Glamour und Independent film-making.

Fragen: Wilfried Hippen

Das Programm ist im Internet unter www.filmfest-oldenburg.de zu finden. Tel.: 0441/924 800