Informatica Feminale zum Dritten
: Greencard hilft

■ Studentinnen aus 70 Universitäten beim Computer-Sommerstudium 2000

LISP, C++ und HTML – für viele sicherlich abschreckende Abkürzungen. Nicht so für die 22jährige Irene Cramer aus Trier. Sie will diese „spannenden“ Programmiersprachen unbedingt lernen. Dafür ist sie extra zum diesjährigen Sommerstudium „Informatica Feminale“ nach Bremen gekommen. Besonders wichtig sei ihr auch, andere Informatikerinnen kennen zu lernen. Denn das ist bei einem Frauenanteil von rund 12 Prozent bei Informatikstudiengängen an deutschen Unis gar nicht so einfach, beim Sommerstudium mit ausschließlich weiblichem Publikum jedoch umso leichter.

254 Frauen sind zur „Informatica Feminale“ angereist, viele sogar schon zum zweiten oder dritten Mal. Sie kommen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Frankreich. Frauennetzwerke unter Informati-kerinnen aufzubauen, sei ein Ziel der zweiwöchigen Veranstaltung, erklärte Veronika Oechtering aus dem Tagungsbüro. So sei auch Wert darauf gelegt worden, nur Dozentinnen als Lehrende einzuladen. Eine von ihnen ist gar aus Neuseeland angereist, um über das Thema „Digitale Bibliotheken“ zu referieren. Das Kursangebot reicht vom „Robotik-Workshop“ bis zu „Gender Studies im Internet“. Alle Vorlesungen sind öffentlich.

Praxisorientiert und interdisziplinär soll das Angebot sein – genau so, wie sich Oechtering auch Informatikstudiengänge in Deutschland wünscht. Sie kritisiert die theoretische Orientierung des bundesweiten Informatikcurriculums. Zusätzlich abschreckend für Frauen sei zudem, dass Programmierkenntnisse häufig von den Unis bei Studienbeginn vorausgesetzt würden. Frauen bringen diese im Gegensatz zu ihren männlichen Kommilitonen meist nicht mit, dafür aber gefragte soziale Kompetenzen.

„Die unterschiedlichen Startbedingungen von Männern und Frauen müssen ausgeglichen werden“, forderte die Organisatorin. Die „Informatica Feminale“ sei ein Schritt in die richtige Richtung genauso wie der neue Informatikstudiengang für Frauen an der Hochschule Bremen. Ab nächstem Semester können technikinteressierte Frauen da unter sich bleiben. Vielleicht lässt sich dadurch die Abbrecherinnen-Quote senken – denn die ist bei Studentinnen in IT-Studiengängen immer noch überdurchschnittlich hoch.

Dass sich Frauen jedoch hervorragend als Technikerinnen eignen, weiß auch die Wirtschaft. Ein Zeichen hierfür ist ihr großes Interesse an dem Sommerstudium. So sind bei der Jobbörse am Freitag 22 Firmen vertreten. „Für mehr wäre auch kein Platz gewesen“, schmunzelt Oechtering. Sie macht die Green Card-Debatte direkt für das Engagement der Firmen verantwortlich. Schließlich müssten die ihren Bedarf an Personal deutlich machen. Inwiefern Green Cards bisher an Frauen ausgegeben worden sind, vermochte Oechtering nicht zu sagen. Hinsichtlich hoch qualifizierter Technikerinnen aus Indien sei das Potenzial jedoch groß. Und dort betrage der Anteil von Frauen in Mathematik und Informatik – im Gegensatz zu Deutschland – 30 bis 40 Prozent. vv