Schlechte Stimmung zu Schulbeginn

Um den Unterrichtsausfall zu verringern, müssen die Berliner Lehrer seit gestern eine Stunde länger arbeiten

Für 360.000 Schüler und Schülerinnen in Berlin waren die Ferien gestern zu Ende. Doch bereits in der Pause war die Stimmung schlecht. In den meisten Lehrerkollegien herrschten, wie es eine Schulleiterin ausdrückte, „Wut und Enttäuschung“. Der Grund: Im neuen Schuljahr müssen die 30.000 Lehrer in Berlin eine Stunde länger arbeiten. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft befürchtet deshalb bereits „schlechtere Bedingungen für Lehrer und Schüler“.

„Die Stimmung ist gedrückt“, sagte ein anderer Schulleiter. „Die Kollegen sind am Ende ihrer Belastbarkeit.“ Ein weiterer Grund für die Unzufriedenheit ist ein Schreiben des Schulsenators. Darin will Klaus Böger (SPD) dem Unterrichtsausfall nicht nur mit Mehrarbeit begegnen, sondern auch damit, dass die Lehrer verpflichtet werden, im Krankheitsfall anderer Vertretungsstunden zu übernehmen, und zwar bis zu zehn Prozent über die Arbeitszeit hinaus. Für einen Vollbeschäftigten würde das im Ernstfall etwa 2,4 Stunden wöchentliche Mehrbelastung bedeuten.

Dass sich das in der Praxis umsetzen lässt, bezweifeln viele. „Wenn ich keine Lehrer habe, kann ich keine zur Vertretung einsetzen“, kommentiert Ulrich Rex, Koordinator der Ernst-Abbe-Oberschule in Neukölln. „Fällt mir ein Mathelehrer im Leistungskurs aus, kann ich keinen Deutschlehrer reinschicken.“

Mit einem trockenen „unrealistisch“ kommentieren die meisten SchulleiterInnen auch das Ziel Bögers, im neuen Schuljahr den Unterrichtsausfall auf unter ein Prozent zu drücken. Selbst die Schulverwaltung gibt zu: „Das ist ein ehrgeiziges Ziel.“ Jedoch sei es durch gute Organisation und die Umsetzung der Maßnahmen zu realisieren. In der Schulverwaltung herrschte gestern dennoch Optimismus vor: „Die Unterrichtsversorgung ist gesichert“, sagte Schulsenator Klaus Böger. INGRID GEGNER