stimme der kritik
: Wo ist Dr. Busen?

Freisprechende Unsichtbare und andere Nomen

Normalerweise würde man an dieser Stelle nicht die Bild-Zeitung von letzter Woche zitieren. Aber normalerweise sinniert man auch nicht tagelang über eine Überschrift nach. „Wo ist Dr. Busen?“ fragte also die Bild am Donnerstag. „Na, vielleicht unterwegs mit Prof. Hintern!“ möchte man da am liebsten naßforsch anbieten, und vielleicht noch ein: „Die beiden wollten sich später mit Studienrat Schenkel treffen . . .“, ins Rennen schmeißen.

Aber das nützt ja alles nichts. Dr. Busen, der Operateur von Ramona Drews und „Gesichtsglattbügeler“ (Bild) von Dunja Rajter, ist und bleibt spurlos verschwunden. Was uns Zeit gibt, über seinen richtigen Namen und den Zusammenhang mit seiner Profession zu grübeln: Dr. Busen heißt in Wirklichkeit Horst Rippelmeyer. Rippelmeyer! Für einen Schönheitschirurgen! Der rippelt einem zur Not auch sämtliche Falten auf . . . Da trapst die Nachtigall doch so laut wie ein vorbeifahrender Müllwagen. Aber solche Sachen passieren. Von Wohlmeinenden wurde mir mal eine aufklappbare Visitenkarte in die Hände gespielt, auf deren Cover ein Hahn hinter ein paar Hühnern herhüpft. Daneben steht „Gestatten . . .“, und auf der zweiten Seite dann der Name „ . . . Erich Fick“. Iiih. Da war der Name wohl Vater der schmutzigen Gedanken. Der brandenburgische Justizminister und CDU-Politiker dagegen, der neulich seine „fünf Minuten Fernsehen“ hatte, wie die Profis sagen, heißt Kurt Schelter. Helter Schelter sozusagen.Und ein Freund von mir spricht sich regelmäßig mit einem Dr. Schelte aus, einem Arzt, den die Bild wahrscheinlich „Seelenklempner“ nennen würde. Machen wir aber nicht, finden wir nämlich affig, den Ausdruck. Um beim Thema Aussprache zu bleiben: Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass die Anzahl der auf der Straße laut mit sich selbst redenden Verrückten in den letzten Monaten extrem angestiegen ist? Ja? Ist sie aber gar nicht: Die vermeintlichen Verrückten sprechen nicht mit den Stimmen in ihrem Kopf, sondern in die Freisprecheinrichtungen ihrer Handys. Jedenfalls die meisten. Ein junger Hüpfer hat mal einen freisprechenden Bekannten von mir gefragt: „Hast du auch einen unsichtbaren Freund?“

Manchmal radelt auch ein Mann auf dem Fahrrad vorbei und faselt dabei irr vor sich hin. Und wenn er auf gleicher Höhe ist, sieht man das kleine Pupu auf dem Gepäckträger, mit dem der anscheinend Bekloppte in Wirklichkeit redet.         JENNI ZYLKA