Naturschutz ade für 'ne Handvoll Euro?

■ Einige Landwirte aus der Osterholzer Feldmark geben nicht auf: Vor Gericht wehrten sie sich gegen drohende Enteignung

Drei Familien in der Osterholzer Feldmark geben nicht auf: Die Besitzer von gut 50 Prozent der landschaftsgeschützten Fläche versuchten gestern in einem Normenkontrollverfahren, gegen die Stadt vorzugehen, die das Gelände für Wohnbebauung nutzen will. Zwischen 1.600 und 1.800 Wohneinheiten, die meisten davon als Einfamilienhäuser, will Bremen hier entstehen sehen. Weil die Kläger sich bislang weigern, ihre Flächen zu verkaufen, droht ihnen eine Enteignung. Nun fordern sie, dass die Entwicklungssatzung aufgehoben wird.

Der Rechtsanwalt der Kläger argumentierte, dass mitnichten gesichert sei, dass die Fläche überhaupt für Einfamilienhäuser benötigt werde. Zwar habe die Stadt berechtigtes Interesse daran, den Wegzug gerade von jungen Familien ins niedersächsische Umland zu stoppen, indem sie hochwertiges Bauland zur Verfügung stellt. Allerdings dürfte dafür die Bebauung von bislang naturbelassenen Flächen nur als letztes Mittel ins Auge gefasst werden.

Die Vertreter der Stadt versuchten den Konflikt damit zu erklären, dass den Klägern die angebotenen Grundstückspreise zu niedrig gewesen seien. „Wenn es sich rechnet, machen wir mit“, sei ihnen übermittelt worden. Eine Aussage, der die Kläger widersprachen: „Ich habe kein Interesse an dem Geld – ob ich nun fünf oder 300 Mark für den Quadrtatmeter bekomme“, erklärte Claus Aumund-Kopp kategorisch. Das Gericht sollte vielmehr bedenken, dass bei einer Bebauung “das letzte große Landschaftsschutzgebiet in Bremen zum Teufel“ und der Stadtteil sein Gesicht verlieren würde. Für die Suche nach Alternativ-Flächen apellierte er an die Stadtplaner: „Mehr Phantasie!“.

Argumente, die den vorsitzenden Richter gestern wenig zu beeindrucken vermochten. Sein Vorschlag: Die Stadt sollte sich noch einmal überlegen, ob sie ihr Angebot an die Bewohner verbessern könne. Orientieren solle man sich dabei an dem Entwicklungsgebiet Borgfeld – und da, so führte eine Behördenvertreterin aus, hatte manch' störrischer Bauer bis zu 105 Mark pro Quadratmeter Ackerland bekommen – bei Verkehrswerten, die meist um die fünf Mark liegen, ein Riesengeschäft.

Im Gerichtsverfahren wurden auch die neusten Planungen für das 240 Hektar große Gebiet vorgestellt. So soll es ein Gewerbegebiet an der Bahnlinie, das 20 bis 30 Hektar einnehmen sollte, nun doch nicht geben. Statt dessen soll die Fläche für die Häuslebauer vergrößert werden: Von 90 auf rund 105 Hektar. Mehr als die Hälfte des Gebietes soll als „Landschaftspark“ die Attraktivität des Baugrundes steigern. Darunter verstehen die Planer zum großen Teil Pferdeweiden – „nicht durchführbar“ in den Augen der Bewohner. Um die Wohnbebauung bis auf 150 Meter an die Bahnlinie heranführen zu können, soll ein sechs Meter hoher Lärmschutzwall errichtet werden.

Die Vertreter der Stadt argumentierten, dass Bremen auf das Neubaugebiet angewiesen sei. So habe eine Untersuchung ergeben, dass 60 Prozent der Häuslebauer, die aus Bremen abgewandert seien, auch innerhalb der Landesgrenzen nach attraktivem Baugrund gesucht hätten, bevor sie sich für einen Wegzug entschieden. Das Gericht will seine Entscheidung schriftlich zustellen und gab den Parteien mit auf den Weg, noch einmal den Verhandlungsweg miteinander zu versuchen. cd