„Niemand spielt für dich“

Titelverteidigerin Serena Williams erreicht das Viertelfinale der US Open gegen eine entnervte Jelena Dokic, der eventuell eine Tenniszukunft ohne den väterlichen Trainerrabauken Damir bevorsteht

von MATTI LIESKE

Ausgesprochen gelassen reagierte die australische Tennisspielerin Jelena Dokic, als sie auf die mögliche Turniersperre für ihren Vater und Trainer Damir angesprochen wurde. „Was immer die Entscheidung ist, ich muss damit klarkommen“, sagte sie. Noch vor den Olympischen Spielen will die Women’s Tennis Association (WTA) darüber beschließen, ob der gebürtige Serbe ihren Turnieren künftig fern bleiben muss, nachdem er bei den US Open in New York erneut auffällig geworden war. Wie schon in Wimbledon, musste Damir Dokic von Ordnern abgeführt werden, nachdem er betrunken randaliert hatte – diesmal in der Spieler-Cafeteria, wo ihm ein Fischgericht zu teuer war. Seine 17-jährige Tochter machte nicht unbedingt den Eindruck, als würde sie ein Bann gegen ihren Vater sonderlich treffen. „Man muss sowieso selbst spielen. Niemand spielt da draußen für dich“, weiß sie und fügt hinzu: „Ich werde einfach weitermachen und all das tun, woran wir gearbeitet haben.“

Im Achtelfinal-Duell der US Open gegen Serena Williams, die von ihrer ganzen Familie inklusive Schwester Venus unterstützt wurde, wirkte Jelena Dokic vor allem im zweiten Satz sehr allein. Im ersten Durchgang hatte sie der ein Jahr älteren Titelverteidigerin einen harten Kampf geliefert. Die aufschlagstarke Williams brachte zwar zehn Asse ins Feld, doch ansonsten wurden ihre Bälle von der wieselflinken Australierin meist erlaufen und glänzend zurückgebracht. Dokic gelangen sogar mehr Punkte bei eigenem Aufschlag als ihrer Gegnerin, und im Tiebreak erspielte sie sich drei Satzbälle. Dann wurde ein Rückhandball knapp ausgegeben, sie protestierte erst zaghaft, verlor dann die Konzentration und brach völlig zusammen, nachdem sie den Tiebreak mit 7:9 abgegeben hatte. Im zweiten Satz machte sie nur noch drei Punkte bei eigenem Aufschlag, beging Fehler in Serie und verlor 0:6. „Hätte ich den ersten Satz gewonnen, dann hätte ich vermutlich auch das Match in zwei Sätzen gewonnen“, erklärte sie später. Es sei jedoch „sehr hart, den nächsten Satz zu spielen, wenn man den ersten gerade so knapp verloren hat“.

Eine Einstellung, die Serena Williams ganz und gar nicht versteht. „Wenn ich gerade einen Tebreak verloren habe, gehe ich sogar stärker in den zweiten Satz“, sagte die 18-Jährige, die deutlich machte, wie viel 15 Monate Altersunterschied im Profitennis ausmachen können. „Ich neige dazu, besser zu spielen, wenn ich zurückliege“, verriet Williams, „ich kann mich nicht als Verlierer sehen. Ich gebe nie auf.“ In der nächsten Runde kann ihr diese Einstellung sehr von Nutzen sein, denn da geht es im Viertelfinale gegen die Weltranglistenzweite Lindsay Davenport, die sich gegen die Belgierin Justine Henin mit 6:0, 6:4 durchsetzte. Zum Duell mit Schwester Venus Williams kann es in Flushing Meadows erst im Finale kommen.

US Open, Achtelfinale, Frauen: Serena Williams (USA) - Dokic (AUS) 7:6 (9:7), 6:0; Davenport (USA) - Henin (BEL) 6:0, 6:4; Hingis (SUI) - Testud (FRA) 6:2, 6:1; Dementjewa (RUS) - Osterloh (USA) 6:3, 6:7 (4:7), 7:6 (7:5); Huber (GER) - Pierce (FRA) 6:4 Abbruch wegen VerletzungViertelfinale: Hingis - Seles; Venus Williams - Tauziat; Dementjewa - Huber; Serena Williams - DavenportMänner, Achtelfinale: Krajicek (NED) - Hrbaty (SLO) 7:6 (13:11), 6:4, 6:1; Sampras (USA) - Lee (Südkorea) 7:6 (7:4), 6:2, 6:4; Clement (FRA) - Pavel (ROM) 3:6, 6:2, 6:1, 7:6 (7:5); Hewitt (AUS) - Enqvist (SWE) 6:3, 6:2, 6:4