Liberale wollen den Zivildienst ganz entsorgen

FDP setzt im Sozialbereich auf Wettbewerb und freiwilliges Engagement. Parteitagsmehrheit für Abschaffung von „Zwangsdiensten“ wahrscheinlich

BERLIN taz ■ Große Teile der FDP wollen nicht nur die Wehrpflicht aussetzen, sondern den Zivildienst ganz offiziell gleich mit entsorgen. In einem Antrag für den bevorstehenden Parteitag in Berlin, der gestern von der Bundestagsabgeordneten Ina Lenke und Vorstandsmitglied Martin Matz vorgestellt wurde, wird eine soziale Dienstpflicht abgelehnt und die grundsätzliche Gleichbehandlung von Zivil-und Wehrdienst gefordert.

Der Antrag zur Zukunft des Zivildienstes wird voraussichtlich auf dem Parteitag am 17. September eine klare Mehrheit erhalten, da er sowohl von Gegnern wie auch Befürwortern der Wehrpflicht unterstützt wird. Ina Lenke betonte gestern, es gehe bei dem Thema nicht in erster Linie um Abschaffung oder Fortbestand des Zivildienstes, sondern um die Notwendigkeit einer langfristigen, grundlegenden Umgestaltung sozialer Dienstleistungen.

Infolge der demografischen Entwicklung lasse sich absehen, so die Antragsteller, dass in der Zukunft mehr soziale Dienstleistungen als heute benötigt würden. Der Zivildienst könne da ohnehin „nicht mithalten“. So vertraut die FDP auch in diesem Zusammenhang wieder einmal auf das freie Spiel der Kräfte: „Soziale Dienste sind eine Branche mit überdurchschnittlichen Wachstumschancen“, heißt es in dem Antrag. „Gemeinnützigkeit und Markt schließen sich nicht aus.“ Wettbewerb sei „auch im Sozialbereich als Innovationsmotor unerlässlich“.

Die FDP glaubt, dass im Falle einer Abschaffung der „Zwangsdienste“ die Bereitschaft zu freiwilligem sozialem Engagement wächst: „Die FDP setzt auf eine Verantwortungsgesellschaft.“ Eine Dienstpflicht für alle jungen Männer und Frauen würde hingegen aus Sicht der Antragsteller „die Versorgungsmentalität und das einseitige Vertrauen in den Staat als Problemlöser befördern.“ BETTINA GAUS