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■ Urdrüs wahre KolumneTante Griesgram persönlich

Die Affenschinderei an der Bremer Uni soll also weitergehen, allen Versprechungen von der Vorläufigkeit des Projekts zum Trotz. Die Qual der Makaken auf den universitären Folterstühlen des Dottore Kreiter, ist sie nicht unserer viel zu großen Langmut mit den sadowissenschaftlichen Ehrgeizlingen zuzurechnen? Schluss damit und das aber subito – oder müssen wir erst den großen Gorilla zu Hilfe rufen?

Seit Jahrzehnten habe ich das nicht mehr gesehen: Kinder, die auf der Straße mit Knickern, Klickern oder Murmeln spielen, ihre kurzen Beinchen beim Gummitwist verrenken oder mit Kreide Kästchen für Hüpfspiele auf das Pflaster malen. Und jetzt sind in einer kleinen Seitengasse gleich vier Knaben im zeitgemäßen Übergrößen-Schlabberlook mit Feuereifer dabei, ein kleines Stück Ziegel über die bunt aufgezeichneten Quadrate zu kicken, wobei mir allerdings die Spielregeln etwas undurchsichtig sind. In wehmütiger Freude frage ich, woher die Jungs das Spiel kennen und entnehme der gefälligen Antwort „Von unserer Lehrerin“, dass die Schule manchmal doch zu was nütze sein kann. Und dann kommt plötzlich die fiesemiese Tante Griesgram persönlich vorbei, schimpft über das im Weg herumstehen und das Beschmieren des Trottoirs und ich feige Memme nehme das Zetern dieses mutmaßlichen BDM-Mädels von anno dunnemals verdattert hin, statt noch blitzschnell eine Bananenschale vor das orthopädische Schuhwerk zu legen. Bleibt also nur der hilflose Appell „Holt euch die Straße zurück!“

Ein Arsch ist ein Arsch ist ein Arsch und ein Offizier ein Offizier und damit für anständige Menschen nicht einmal satisfaktionsfähig. Umso anerkennenswerter, wenn der Bremer Antimilitarist Andre K. seinen nachvollziehbaren Ekel überwindet, um sich für eine satirische Protestaktion die uniforme Menschenschlächterjacke eines solchen humanoiden Unflats anzuziehen. Solche Kollegen vom Straßenkabarett aber sollen von der Justiz nicht genieret werden, denn die Gedanken sind nicht nur frei, sondern unter halbwegs normalen Menschen kann es keine Frage sein, dass ein klar denkender und fühlender Kerl wie der Andre nie und nimmer nicht den Eindruck erwecken wollen würde, ein echter Hauptmann, Leutezusammenscheißer und Scharping-Knecht zu sein – der hat sich doch extra die Pein des Piercings in Lippe, Nase und Augenbraue angetan, um nicht mit solchen Typen verwechselt zu werden! Und fordern wir nicht nur Freispruch, sondern öffentliche Belobigung, mit einem Kistchen Ratskellerwein vom Leckersten, denn auf ein paar Verluste mehr oder weniger kommt es beim VEB Gute Stube nun auch nicht mehr an.

Auf einer Fete zu einer Ausstellung im K 45 am Waller Bahndamm haut mir neulich eine schöne Unbekannte auf die Schulter und behauptet mit Entschiedenheit, mich von einem Kurs in Mediationstechniken für Paare zu kennen, der weiland in Worpswede stattgefunden habe. Vor Verdatterung und Betroffenheit habe ich diesen erheblichen Vorwurf nicht einmal eindeutig zurückgewiesen und hole das nunmehr an dieser Stelle mit Entschiedenheit nach. NO, Mylady. NEVER! Vorbeugend dementiere ich auch schon mal, dass ich heute am „Regenfest“ im Worpsweder Bahnhof teilnehme, da mich das Motto der Veranstaltung („Meine Gummistiefel sind schöner als deine“) das Erscheinen jeder Menge Stinkesocken vermuten lässt: Und schließen wir mit einem Zitat aus der Zeitschrift EPOCHE („für Bremerinnen und Bremer“), das da lautet: „Wenn wir uns abends in unser Bett kuscheln, ist es kalt. Wenn wir es am Morgen verlassen, ist es warm. Wie kommt das? Wir selbst haben es mit unserer Wärme behaglich gemacht. Wenn das mit einem Daunenbett, einem leblosen Gegenstand möglich ist, wieviel mehr müsste das im menschlichen Miteinander klappen!“

So wahr ... Meint auch

Ulrich „Weatherman“

Reineking

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