Start-up Hollywood

Berlin-Brandenburg, ein Medienstandort mit Potenzial, wird ehrgeizig. Mit dem gemeinsamen Medienbeauftragten wollen die Länder ein international bedeutsames Filmzentrum aufbauen

Unser Medienprofil darf sich nicht provinziell ausrichten. Wir müssen in größeren Regionen denken.

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Der Medienstandort Berlin/Brandenburg mit seinen Studios in Adlershof und Babelsberg, den Rundfunkanstalten SFB und ORB, den Verlagen, Produktionsfirmen und Werbeagenturen hat sich bisher durch zwei Dinge hervorgetan: die Pflege des Mythos der einstigen Filmmetropole und die Konkurrenz zwischen Potsdam und Berlin. Die geplatzte Fusion der Sendeanstalten oder der Streit um die finanziellen Länderanteile für das Filmboard Berlin-Brandenburg legen davon Zeugnis ab.

Jetzt ist in der Medienpolitik eine für Kenner der Szene ganz neuartige Strategie zu beobachten: Statt in Konkurrenz und mit Dilletantismus beim Aufbau eines gemeinsamen Medienstandortes ans Werk zu gehen – jahrelang wurde das Ressort vom Sprecher des Berliner Senats, Michael Andreas Butz, „verwaltet“ – soll nun miteinander gearbeitet werden. Der vor zwei Monaten berufene „Medienbeauftragte“ beider Länder, Bernd Schiphorst, bislang Manager bei Bertelsmann, sieht „darin den Schwerpunkt“ seiner Arbeit. Und die Wirtschaftspolitiker der Länder, Wolfgang Branoner (Berlin) und Wolfgang Fürniß (Brandenburg), wollen „Kooperation statt Konfrontation“ pflegen.

Die Annäherung und den Willen, gemeinsame Wege zu gehen, probten am Mittwochabend alle drei Politiker. Der Standort, sagte Wolfgang Branoner auf einer Diskussionsrunde zur „Zukunft des Medienstandortes Berlin-Brandenburg“, habe nur dann eine Chance „im Wettbewerb mit München, Köln oder Hamburg“, wenn „die Interessen und Wachstumspotentiale in der Branche in der Region gebündelt und weiterentwickelt werden“. So sei es notwendig, die Ausbildung an den Film- und Medienakademien zu qualifizieren. Zugleich sollten die Film- und Fernsehstudios weiter technisch ausgebaut werden, „damit Berlin und Brandenburg zum Hollywood der Republik“ avancieren. Schließlich könnten die Ansiedlungspolitik für neue Medien- und Internetverlage gesteuert und finanzielle Förderstrukturen vereinfacht werden. Standortpolitik, so der Wirtschaftssenator, müsse mit dem Ziel der „Konvergenz der Medien“ angestrebt werden: Ausbildung, Verlage, neue Medien und Management sollen unter ein Dach.

In der Tat fordert Branoner notwendige Weichenstellungen. Zwar arbeiten in der Berlin-Branderburger Medienbranche nach einer Studie des Bremer BAW-Instituts derzeit über 100.000 Menschen. 20 Milliarden Mark werden dabei jährlich umgesetzt. 130 große Verlage und Medienfirmen produzieren hier. Um dem wachsenden Ansiedlungsdruck von Medien- und Kommunikationsunternehmen und deren Interesse an qualifizierten Arbeitskräften gerecht zu werden, braucht die Region aber Instrumente, die Ausbildung, Ansiedlung von Firmen und technische Innovationen fördert.

Auf die „Synergien“ zwischen Brandenburg und Berlin setzt auch Fürniß. Sowohl beim Standortmarketing für junge Unternehmen als auch beim Ausbau der regionalen Filmwirtschaft sollten beide Länder enger zusammenarbeiten. Dass Fürniß dennoch fürchtet, dass nach dem Ausbau des Studios Babelsberg der Brandenburger Anteil am „Aufbau Medienlandschaft Berlin-Brandenburg“ aufgebraucht sei und Berlin mehr Potenziale bereithalte, war unüberhörbar. Berlin dürfe zukünftig beim Standortwettbewerb seine Vormachtstellung nicht gegen Potsdam richten. Beide gemeinsam müssten das „internationale Profil stärken“.

Darum geht es auch Schiphorst. Der Medienbeauftragte, dessen Job vornehmlich in der Koordination medienpolitischer Konzepte besteht und der als Ansprechpartner für Start-up-Firmen fungiert, will die Konkurrenzsituation auflösen. Die Region müsse sich dadurch auszeichnen, dass sie Infrastrukturen bereitstelle für Kooperationen mit Unternehmen und Arbeitskräften bis nach Skandinavien, Polen und Tschechien. „Unser Medienprofil darf sich nicht provinziell ausrichten, wir müssen in größeren Regionen denken.“

Ins Stammbuch schrieb Schiphorst den beiden Politikern schon einmal ihr größtes Versäumnis. Der gescheiterte Versuch, die beiden kleinen Rundfunkanstalten SFB und ORB zu fusionieren, sei nicht nur in der Branche auf Unverständnis gestoßen, sagte Schiphorst. Nur durch die Zusammenlegung könne eine Stärkung der Sender und deren Bedeutung erzielt werden. Die anwesenden Rundfunkleute hörten das mit Freude, steigt doch der ORB gerade aus gemeinsamen Sendungen mit dem SFB aus.