Proteste? Mit Sicherheit!

„In einer großen, demokratischen Stadt wie Sydney ist davon auszugehen, dass Gruppen oder Individuen versuchen, die mit der Olympiade einhergehende Medienaufmerksamkeit für ihre Anliegen zu nutzen“, erklärt Wayne Watson von der Polizei des Bundesstaates New South Wales, in der Sydney liegt, gegenüber der taz. Nur an die Spielregeln müssten sich die Demonstranten halten.

Die wurden allerdings eigens für die Olympiade drastisch verschärft. Um alle Spielstätten gibt es ausgedehnte Bannmeilen, selbst Aufdrucke von T-Shirts dürfen keine politischen Inhalte haben. Gleichzeitig erhielten die Polizei und die tausenden privaten Wachdienste ausgedehnte Sonderrechte. Bürgerrechtler sind empört. „Bald werden die Menschen protestieren, dass sie nicht protestieren können“, so Kevin O'Rourke vom Rat für Bürgerrechte in New South Wales.

Schon seit Juli haben Aborigines eine „Zeltbotschaft“ in Sydneys Victoria Park aufgebaut, um auf ihre anhaltende Diskriminierung und ihre Forderung nach Wiedergutmachung aufmerksam zu machen. Ausdrücklich betonen die Nachfahren der australischen Ureinwohner, dass ihr Protest nicht gegen die Olympischen Spiele gerichtet ist. Vielmehr hoffen sie auf ein gutes Abschneiden der Aborigines-Sportler wie Cathy Freeman. Im Olympiastadtteil Hombush Bay sollen weitere Zeltbotschaften folgen.

Aktivisten aus sozialen Bewegungen und Globalisierungsgegner, die sich in einer Anti-Olympia-Allianz organisiert haben, lehnen hingegen die „Spiele der Konzerne“ ab. Sie beklagen die negativen Auswirkungen auf sozial Schwache durch Mietsteigerungen, die Verdrängung von Obdachlosen und die Belastung der öffentlichen Kassen. Sie wollen bereits bei dem kurz vor den Spielen in Melbourne stattfindenden Weltwirtschaftsforum protestieren und damit für ihre Aktionen in Sydney mobilisieren.

Am Eröffnungstag, dem 15. September, wollen sie dann gemeinsam mit Gruppen der Aborigines öffentlichkeitswirksam agieren. Während der Spiele wollen sie mit weiteren phantasievollen Aktionen dafür sorgen, dass das weltweite Medieninteresse sich nicht auf die sportlichen Veranstaltungen beschränkt. Im Internet finden sich die jeweils aktuellen Infos zu den Protesten.

Die Sicherheitsbehörden sorgen sich vor allem um Terroranschläge wie in München oder Atlanta. Australien hat mit Terrorismus kaum Erfahrung. Rechtzeitig vor den Spielen wurde deshalb mit Peter Ryan ein britischer Polizeichef mit Nordirland-Erfahrungen angeheuert.

So gibt man sich gut vorbereitet – und informiert: „Das Olympische Geheimdienstzentrum, das dem Olympischen Sicherheitskommandozentrum Informationen über mögliche Sicherheitsrisiken liefert, hat Zugang zu den besten Geheimdiensten der Welt“, so Polizeisprecher Watson stolz.

Das FBI warnt gar vor „Cyberterrorismus“, doch Watson ist sicher: „Die Sicherheitsrisikobewertung für die Spiele ist gering.“ Erst Ende August wurde bekannt, dass im März im neuseeländischen Auckland Afghanen aufgefallen waren, die womöglich während der Spiele einen Anschlag auf Sydneys Forschungsreaktor Lucas Heights geplant hatten. Doch laut Polizeichef Ryan war dies ein Fehlalarm.

SVEN HANSEN

Internetprotestinfos: Aboriginal Tent Embassy: www.graffitihalloffame.com/tent_embassy/tentembmain.htm. Anti Olympics Alliance: www.cat.org.au/aoa. PISSOFF (People ingeniously subverting the Sydney Olympic Farce): www.cat.org.au/pissoff. Sydney Alternative Media Centre: www.samcentre.org. Sydney Independent Media Centre: www.sydney.indymedia.org