„Es ist ein unbeschreibliches Gefühl“

Wieland Sorge (61), Mitglied des Bundestages für die SPD und Mitglied im Sportausschuss, läuft am Sonntag seinen allerersten Marathon

taz: Wie lang hat denn bei Ihnen der Lauf zu sich selbst gedauert? Ihr Kollege Joschka Fischer hat ja ein ganzes Buch darüber schreiben müssen.

Wieland Sorge: Im Gegensatz zu Herrn Fischer habe ich schon immer für den Sport gelebt. Habe immer gejoggt. Ich hatte nie so ein Umstellungsproblem.

 Ist das gesund, was Joschka Fischer gemacht hat?

Richtig gesund ist das sicher nicht.

 Ist der Berlin-Marathon nicht eine Rosskur für die Gelenke?

Ja sicher, aber Berlin ist eine Attraktion. Einmal will ich das erleben. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man sich über die Strecke quält. Und ein Glück, wenn man’s durchgestanden hat.

 Lösen Sie während des Joggens politische Probleme, was angeblich das Außenministerium am Laufen erhält!?

Im Wald mit Hund kommen mir sehr gute Gedanken. Ich habe nur noch keine Möglichkeit gefunden, mir die aufzuschreiben.

 Warum laufen so viele Politiker Marathon? In Österreich trägt das halbe Kabinett Krisen auf der Strecke aus.

Politiker glauben leider halt immer, dass sie dort, wo viele Menschen zusammenkommen, auch unbedingt dabei sein müssen, um sich zu zeigen und zu beweisen. Aber, so denke ich jedenfalls, das ist bei mir nicht der Fall. Ich habe einfach das innere Bedürfnis, zu laufen.

 Wissen Sie, was ab Kilometer 32 kommt?

Der allerallertiefste Punkt.

 Für Marathonläufer kein Problem, die sich auf dem Tummelplatz der Willensstarken treffen?

Es kostet Überwindung. Klar, der Wille ist entscheidend. Aber man muss immer so laufen, dass man ein bisschen Freude dabei hat.

 Wenn Lauf- und Erholungsphase niederschmetternd sind, dann verliert man die Lust. Vielleicht auch bei den eingeschränkten Laufmöglichkeiten in Berlin?

Ich laufe manchmal nach 22 Uhr noch los. In Bonn hatten wir Politiker eine Laufgruppe und eine schöne Strecke, beleuchtet, den Rhein auf und ab sind wir da gerannt. In Berlin trainiere ich an der Spree bei der Fischerinsel und laufe dann nur sehr, sehr kleine Runden. Ziemlich im Kreis. Leider.

 Wie viel trainieren Sie?

Etwa 40 Kilometer in der Woche. Immer mit Herzfrequenzmesser, zwischen 130 und 140 Schlägen. Mein Problem sind die Beine. Weil ich 40 Jahre ohne Kreuzband gelaufen bin. Jetzt hab ich ein neues drin. Um die vier Stunden will ich damit laufen.

INTERVIEW: MARKUS VÖLKER