Drogen-U-Boot aufgetaucht

In Bogotá entdeckt die Polizei ein halbfertiges U-Boot, das mit russischem Material erbaut wurde. Es hätte einmal 200 Tonnen Rauschgift transportieren können

BUENOS AIRES taz ■ Die Polizisten eines Sondereinsatzkommandos der kolumbianischen Polizei staunten nicht schlecht, als sie sahen, was da vor ihnen stand: ein halb fertiges U-Boot von gigantischen Ausmaßen: 30 Meter lang, dreieinhalb Meter breit, in einer verlassenen Lagerhalle bei Bogotá. Für Luis Ernesto Gilibert, den neuen Polizeichef Kolumbiens, war der Fall klar: „Das U-Boot sollte genutzt werden, um Kokain außer Landes zu schaffen.“ Seine Bauherren, so vermutet er, gehören zur kolumbianischen Drogenmafia, gefasst wurde allerdings keiner.

Leo Arreguin, Direktor der US-amerikanischen Antidrogenbehörde für Kolumbien, konnte seine Verwunderung nicht unterdrücken: „In 32 Jahren habe ich so etwas noch nicht gesehen.“ Ein Informant hatte den Tip gegeben und die Polizei zu der Lagerhalle geführt. Etwas seltsam ist es schon, dass sich die Bauherren ausgerechnet Bogotá als Ort für die geheime Werft aussuchten: Die Hauptstadt liegt im Zentrum des Landes. Das U-Boot hätte also per Lastwagen halb Kolumbien durchqueren müssen. Und das bei strengen Militär- und Polizeikontrollen auf den Landstraßen.

In der Lagerhalle fand die Polizei neben Straßenkarten Kolumbiens auch Baupläne und Werkzeuge aus Russland. DEA-Direktor Arreguin vermutet daher eine Russland-Connection, geht aber auch davon aus, dass US-Staatsbürger in den Fall verwickelt sind. Nach Angaben der kolumbianischen Polizei war das U-Boot zu etwa 30 bis 40 Prozent fertig gestellt. Es wird geschätzt, dass die Drogenschmuggler um die fünf Millionen US-Dollar in den Bau des Schiffes investiert haben. Nach Angaben von Drogenfahnder Arreguin hätte das U-Boot 200 Tonnen Rauschgift laden können. Schon 1985 und 1986 hatten die kolumbianischen Drogenkartelle Mini-U-Boote eingesetzt, um ihren Stoff unter Wasser zu transportieren. Doch niemals wurde ein solcher Koloss entdeckt. INGO MALCHER