Die eckigen Köpfe mit den Scheuklappen

Nach fünf Spielen ohne Erfolg gewinnt Tennis Borussia gegen Wattenscheid. Zum Glück für die Berliner vergaben die Gäste viele Chancen und erzielten stattdessen ein Eigentor. TeBe-Trainer Slomka erklärt seine Kopf-Theorie

„Ein Sieg des Willens und der Moral“, lobte Mirko Slomka seine Borussen nach dem 3:2-Erfolg am Sonnabend gegen Wattenscheid. Zuvor freilich hatte sich der TeBe-Coach wesentlich unversöhnlicher gezeigt. In „Einzelgesprächen“, wie Slomka das phonstarke Tete-a-Tete mit seinen Spielern vornehm umschrieb, wies er auf den Ernst der Lage hin. Nach fünf sieglosen Partien in Serie „verlangte der Trainer, dass wir uns endlich den A... aufreißen sollen“, rekapitulierte Verteidiger Mike Jesse die erfolgreiche Therapie der rustikalen Art.

Gegen Wattenscheid hatten die Borussen die Lektion offensichtlich begriffen. Einer musste sich der Motivationsübung nicht mehr unterziehen. TeBe-Jungstar Emmanuel Krontiris (17) wurde vor der Partie mit einem Blumenstrauß zu Borussia Dortmund verabschiedet. Für viele Fans ein Indiz dafür, dass die einst glorreiche Zukunft von TeBe inzwischen allenfalls Vergangenheitswert besitzt. 90 Minuten später hatten sie die düsteren Gedanken vorerst verdrängt. Im Duell der beiden schwächsten Abwehrreihen der Regionalliga patzte die der Gäste einmal öfter als die Berliner. Die konventionellen TeBe-Treffer von Fuß und Empere, ergänzte der Wattenscheider Bach per Eigentor. Doch hätte dessen Mannschaftskollege Marius Ebbers, abseits des Rasens Sänger der Ruhrpott-Punkband „Hunch Back“, nur eine seiner zahlreichen Torchancen genutzt, wäre TB nie und nimmer als Sieger vom Rasen gegangen. „Unser bisher schlimmstes Spiel“, schimpfte Gästetrainer Hannes Bongartz, der Wattenscheid schon in der Bundesliga betreute.

Ein Sieg des Willens und der Moral? Nicht ganz. Slomka, vor dieser Saison als Verfechter der Fußball-Moderne angetreten, war sich selbst untreu geworden. Die bisher in der Abwehr propagierte Viererkette löste der mit 32 Jahren jüngste Trainer der Liga kurzerhand auf. Taskin Aksoy, einige Monate älter als sein Vorgesetzter, spielte diesmal einen klassischen Libero.

„Ich muss erst aus eckigen Köpfen runde Köpfe machen“, antwortete Slomka auf die Frage, ob er das Rad der Taktik-Revolution in die Steinzeit zurück drehen wolle. Eckige Schädel, dozierte Slomka anschließend, gehen mit eingeengtem Scheuklappen-Blickwinkel zu Werke. Deshalb taugten sie nicht für eine Vierer-Formation, die auf gleicher Höhe agiert. Rundköpfe hingegen besäßen vorne und hinten Augen, ideal für eine Verteidigung ohne Libero als finaler Sicherung. „Aber so weit sind wir noch nicht.“ JÜRGEN SCHULZ