Eigener Staat wohl erst später

Der palästinensische Zentralrat will Verhandlungen mit Israel mehr Zeit geben

GAZA rtr ■ Die palästinensische Führung wird offenbar einem Aufschub der für Mittwoch geplanten Staatsgründung zustimmen. Am zweiten und letzten Tag einer Sitzung des PLO-Zentralrates sagte dessen Präsident Salim el Sanun gestern, alle Redner hätten sich für die Verschiebung ausgesprochen, um den Friedensgesprächen mit Israel mehr Zeit zu gegeben. Delegierte der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) zitierten Palästinenser-Präsident Jassir Arafat mit den Worten, die Friedensgespräche gingen heute weiter. Der 13. September war auch die Frist für einen Friedensschluss mit Israel gewesen.

Ein Abkommen ist bislang vor allem am Streit um Jerusalem gescheitert. Israel will die Stadt als seine ungeteilte Hauptstadt, während die Palästinenser auf dem arabischen Ostteil als Hauptstadt ihres künftigen Staates bestehen.

Sanun nannte den 15. November und den 1. Januar als mögliche neue Termine für die Proklamation. Am 15. November 1988 hatte Arafat in Algier symbolisch einen Staat der Palästinenser ausgerufen. Der 1. Januar ist der Jahrestag der Gründung von Arafats Fatah-Bewegung 1965.

Delegierte waren sich uneins, ob der Rat in der für Sonntagabend geplanten Abschlusserklärung einen Termin für die Staatsproklamation festsetzen soll. Der Zentralrat tagt hinter verschlossenen Türen in Gaza-Stadt. Für den Aufschub der Staatsgründung ist eine Zweidrittelmehrheit der Delegierten erforderlich. Der Zentralrat hat 129 Mitglieder.

Die Delegierten berichteten, Arafat habe am Samstag in seiner Ansprache die Möglichkeit eines Aufschubs offengelassen. Er wurde mit den Worten zitiert, heute sollten vier Wochen weiterer Friedensgespräche mit Israel beginnen, zu denen US-Präsident Bill Clinton aufgerufen habe. Der Arafat-Berater Nabil Abu Rdainah nannte die geplanten neuen Friedensgespräche „entscheidend“. Israels Außenminister Schlomo Ben-Ami sagte im Rundfunk, wenn der Zentralrat einen Aufschub beschließe, sei dies zwar ein Signal für den guten Willen der Palästinenser. Dennoch sehe er keine allzu große Chance für eine Einigung.