Wien setzt EU Frist

Österreichs Regierung fordert Ende der EU-Sanktionen. Haider greift Chirac und Schröder an, die Opposition gibt Bundesregierung Schuld an Debakel

WIEN dpa/taz ■ Nach dem entlastenden Urteil der so genannten drei EU-Weisen über die innenpolitische Lage Österreichs hat die rechtskonservative Regierung den 14 EU-Partnern eine Frist zur Aufhebung der Sanktionen gesetzt. „Wir warten bis zum EU-Gipfel von Biarritz Mitte Oktober“, kündigte ÖVP-Chef und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel gestern im Kurier an. „Wenn die Sanktionen bis zum Gipfel von Biarritz nicht aufgehoben oder nur suspendiert werden, wird die Volksbefragung durchgeführt“, forderte FPÖ-Chefin und Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer im Magazin Format. Die Volksbefragung soll die Stimmung der Bevölkerung gegenüber der EU erkunden.

Weniger entlastend als die Regierung empfanden in Wien die meisten Zeitungen den Bericht der Weisen. „Für die FPÖ ist es ein Schuldspruch“, so Norbert Stanzel im Kurier: „Keine demokratische Partei in einem zivilisierten Land würde so ein Urteil über sich als Erfolg feiern. Dass es die FPÖ tut, bestätigt einerseits die Richtigkeit des Inhalts des Berichts, andererseits offenbart es das Selbstverständnis der Blauen: Man fühlt sich im Schmuddeleck wohl, in das man gestellt wurde.“ Für Gerhard Ruiss von der IG Autoren war die Fragestellung falsch: „Die einzige Frage, die sich der Weisenrat hätte stellen sollen, ist: Wird die Rechte in Europa durch die Regierungsbeteiligung der FPÖ bestärkt? Und dafür gibt es eben Anzeichen.“

Laut Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker sind die meisten EU-Regierungen für eine schnelles Ende der Sanktionen. Dänemarks Regierungschef Poul Nyrup Rasmussen fordert ihr Ende schon für heute. Auch Großbritanniens Premier Tony Blair ist für ein schnelles Ende, strebt aber eine gemeinsame Position aller EU-Staaten an, um die sich Paris bemüht. Frankreich ist derzeit EU-Ratspräsident. Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) warf der Bundesregierung vor, bei der Isolierung Wiens eine „höchst peinliche“ Rolle gespielt zu haben. Das sei ein „politischer Irrweg“ gewesen. Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Michael Glos, forderte die Regierung auf, sich bei Österreich zu entschuldigen. FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle meinte, die Bundesregierung habe das „größte europäische Debakel der letzten Jahre“ angerichtet.

Der Kärntener Landeshauptmann und frühere FPÖ-Chef Jörg Haider griff Frankreichs Präsidenten Jacques Chirac und Kanzler Gerhard Schröder an. Der „Westentaschen-Napoleon“ Chirac habe sein „Waterloo“ erlebt. Schröder habe „eine ganz bedauernswerte Rolle gespielt, weil er geglaubt hat, wenn er Österreich beschmutzt, kann er sich von der historischen Belastung Deutschlands verabschieden“. RLD