Unsoziale Sozialdemokratie

■ Paritätischer Wohlfahrtsverband klagt über die SPD-Landesregierung in Kiel und über deren Kürzungspläne

Der Paritätische Wohlfahrtsverband ist bitter enttäuscht von der schleswig-holsteinischen SPD: In der Landesregierung habe die Sozialpolitik nicht mehr den einstigen Stellenwert, beklagte Landesgeschäftsführer Wolfgang Medrisch am Montag in Kiel. „Bei diesem Entwurf der Landesregierung haben die Finanzpolitiker gewonnen“, sagte Medrisch angesichts der geplanten Etat-Kürzungen für seinen Verband um 300 000 Mark im nächsten Jahr.

„Einem (Ex-Sozialminister) Günther Jansen wäre dies so nicht passiert“, befand Medrisch. Amtsinhaberin Heide Moser habe sich bei allem guten Willen im Kabinett nicht durchsetzen können. Ihr „Standing“ könne also nicht so gut sein. Der Verband sieht mit den Kürzungsplänen zwei bis drei hoch qualifizierte Stellen akut gefährdet und befürchtet drastische Leistungseinschränkungen, beklagt vor allem aber auch, dass die Regierung keine konstruktiven Gespräche geführt habe. Die sozialpartnerschaftliche Partnerschaft beginne Schaden zu nehmen.

Von den drei Millionen Mark, die der Spitzenverband im Jahr für seine originären Aufgaben – Beratung, Fortbildung und Vertretung seiner über 500 Mitgliedsorganisationen – ausgab, kamen bisher gut eine Million vom Land. Folgt der Landtag den Plänen der Regierung, wäre dies eine Kürzung um gut ein Drittel, das meiste davon sind „Spiel 77“-Gelder.

Die Lotteriemittel können die Verbände für Projekte nutzen, die sie selbst vorschlagen. Medrisch lehnte „einseitige Kürzungen zu unseren Lasten“ ab und plädierte dafür, auch die gut laufende „Bingo“-Umweltlotterie in die Sparüberlegungen einzubeziehen.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband befürchtet, dass er von den Sparplänen des Landes doppelt getroffen wird, da sich auch der vorgesehene Griff des Landes in die kommunalen Kassen (je 100 Millionen Mark in den nächsten vier Jahren) negativ auswirken werde.

Die Gesamtumsätze des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes – vom Arbeiter-Samariter-Bund über Kindergärten bis zu Betreuungsvereinen – betragen im Norden mehr als 600 Millionen Mark im Jahr. In den Mitgliedsorganisationen mit ihren 2000 Einrichtungen und Diensten sind über 17.000 Menschen beschäftigt.

Auch von dem Streit ums Geld lassen sich zwei Spitzenvertreter beider Seiten ihre alte Freundschaft nicht verdrießen: Der Vorsitzende des Paritätischen, Ex-Justizminister Klaus Klingner, und der jetzige Justizstaatssekretär Wulf Jöhnk (beide SPD), erholen sich derzeit gemeinsam beim Bergwandern in den Alpen. lno