Mit Standgas gegen Rot-Grün

Auf der Suche nach Profil trifft die CDU immer wieder auf dasselbe Thema: Ökosteuer. Doch auch diesmal geht sie nur halbherzig an die Sache

aus Berlin MATTHIAS URBACH

Angela Merkel stellt sich zwischen Boutiquen und Imbissbuden und verteilt Flugblätter. Überschrift des Pamphlets: „Rot-Grün will uns Autofahrern an den Kragen.“ So stand die CDU-Parteivorsitzendebereits im Januar in einem Einkaufscenter im Städtchen Norderstedt nördlich von Hamburg. Damals wollte sie mit der Kampagne gegen die Ökosteuer den Wahlkampf von Volker Rühe anschieben, der schleswig-holsteinischer Ministerpräsident werden wollte. Vergeblich.

Nun könnte die CDU-Parteichefin bald auch Einkäufern in Hildesheim, Schweinfurt oder Eisenhüttenstadt begegnen – und jedem einen Aufkleber in die Hand drücken: „Weg mit dieser (Ö)K.O.-Steuer.“ Die Gelegenheit ist günstig. Immerhin erreicht der Benzinpreis derzeit mit durchschnittlich 2,08 Mark für Normalbenzin eine neue Rekordmarke. CSU-Chef Edmund Stoiber hatte schon vorab den Vorschlag von Angela Merkel gelobt, eine Ökosteuerkampagne zu starten: „Ich kann nur sagen: Voran!“

Sonderlich voran aber kam die CDU-Zentrale bis gestern nicht. Einen simplen Aufkleber präsentierte Merkel auf der Pressekonferenz in ihrer Berliner Parteizentrale am Tiergarten. „Mein Ziel: Dass ganz viele Autofahrer diesen Aufkleber tragen“, wünschte sich die CDU-Chefin. Mehr hatte Merkel von sich aus nicht zu sagen. Erst auf Nachfrage ließen sie und ihr Generalsekretär sich entlocken, dass noch ein paar lokale Veranstaltungen, das Verteilen von Protestpostkarten und eine Internetaktion geplant seien. Wer ein Aufbäumen der Christdemokraten gegen die Ökosteuer erwartet hatte, wurde enttäuscht.

Immerhin will Merkel mit den Speditionsverbänden über ein mögliches gemeinsames Vorgehen sprechen. Doch von einer groß angelegten Kampagne, wie Merkel sie am Sonntag abend in der „Tagesschau“ angedeutet hatte, war nicht viel zu sehen. Eine Unterschriftenaktion, wie in Hessen, schloss die Parteichefin sogar aus.

Besonders viel Geld will sie nicht in die Kampagne stecken. Die Aufkleber gar müssen die Kreisverbände bei der Bundesgeschäftsstelle bestellen und bezahlen. Die Budgetierung sei die einer „durchschnittlichen Kampagne“, bekannte Merkel.

Bislang ist es der CDU nicht gelungen, das Thema Ökosteuer richtig am Kochen zu halten. Im Januar brachte Angela Merkel das Thema auf die Tagesordnung, als der Benzinpreis erstmals über zwei Mark stieg. Das Versuch ging daneben, mit dem Thema Volker Rühe zum Ministerpräsidenten zu machen. Das lag nicht nur am Spendenskandal, sondern auch daran, dass die Öl- und Benzinpreise nach wenigen Tagen wieder unter zwei Mark fielen.

Der Benzinpreis ist eines der wenigen Themen, wo die Opposition sich klar von der Regierung unterscheidet und das Interesse der Wählern voraussetzen kann. Deshalb wollte der damalige CDU-Generalsekretär Peter Hintze im Wahlkampf 1998 an den Zapfsäulen Plakate gegen die Ökosteuer aufstellen. Die Ölfirmen aber machten nicht mit. Sie wollten unparteiisch bleiben.

Als der Benzinpreis im Mai diesen Jahres erneut über die zwei Mark stieg, ging, begleitet von Bild-Zeitung und ADAC, wieder das große Wettern los. Doch auch diesmal fiel der Preis – und damit die Aufmerksamkeit der Wähler. Der Regierung gelang es zudem, die Verantwortung der Opec für die gestiegenen Preise herauszustellen.

Vielleicht ist Angela Merkel deshalb zurückhaltender geworden.

Schwierig ist für die CDU auch die Wahl der Mittel. In Brüssel haben Fernfahrer den gesamten Verkehr zusammenbrechen lassen. In Großbritannien spitzen sich die Proteste an den Tankstellen zu (siehe Text unten), und die Straßenblockaden in Frankreich sind gerade erst zu Ende gegangen.

Die CDU kann solche Aktionen nicht gutheißen. Noch vor vier Jahren hat die Union eine schnelle Abschiebung gefordert, als Kurden in Deutschland Autobahnen blockierten. Die „Einhaltung der Gesetze ist Grundlage jeder CDU-Kampagne“, erklärte Merkel.

Blockaden sind in Deutschland eher unwahrscheinlich. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes für den Güterkraftverkehr und Logistik (BGL), Karl-Heinz Schmidt, erklärte, sein Verband werde keine Streiks oder Blockaden von Tankstellen organisieren, „weil wir nicht die Öffentlichkeit als Geisel nehmen wollen“. Das würde auch seine Branche erst richtig in Verluste treiben.