Humor und Melancholie

■ Gar mächtiges Schwertesausen und gar eisiges Urmel-Musical: Neueröffnung des renovierten Altonaer Theaters  ■ Von Liv Heidbüchel

„Ich bin ja schon verschrien dafür, dass bei mir immer Kampfszenen vorkommen. Ich mag das nun mal.“ So Axel Schneider über sich und seine Inszenierungen. Seit fünf Jahren ist er Intendant der viertgrößten Sprechbühne Hamburgs: des Altonaer Theaters. Und auch in dieser Spielzeit wird er das Publikum wieder mit einer „schwungvollen Mantel- und Degenkomödie“ (Pressemappe) beglücken.

Mussten letzte Saison noch Parzival und ein riesiges Ensemble kämpfen, bis die Zungen auf die Bühnenbretter hingen, hat sich Schneider für den März Die drei Musketiere vorgenommen. Auch bei dieser Produktion sollen sich wieder an die 14 Schauspieler auf der großen Bühne tummeln. Dem verdächtigen Glanz in Schneiders Augen ist bereits die Vorfreude auf das Schwertesausen zu entnehmen.

Mann muss dem Intendanten aber lassen, dass er immer mit voller Begeisterung dabei ist, wenn es um sein Theater geht. Schließlich hat sich während der Sommerpause einiges getan, worauf er stolz sein kann: Das Altonaer Theater ist renoviert.

Anstoß dafür war eine Publikumsbefragung zu Spielplan und Ambiente. Während die Resonanz auf Stückauswahl und Inszenierungen durchweg positiv ausfiel, lös-ten Einrichtung und Gestaltung nur bei der Hälfte aller Zuschauer Wohlbefinden aus. Auf dieses alarmierende Resultat musste, so fanden die Organisatoren, reagiert werden. So wurde etwa das gesamte Vorderhaus umstrukturiert und erscheint nun viel großzügiger und freundlicher.

Bei der Farbgebung hielt man sich im Großen und Ganzen an das Original von 1929 in Anthrazit, Weinrot und Eierschale. Das kommt auch dem Zuschauerraum zugute, der das Publikum nun endlich von den bedrückend muffigen Brauntönen erlöst.

Mit dem Umbau geht jedoch nicht nur eine stärkere Publikumsbindung einher. Geschäftsführer Dietrich Wersich spricht auch die Hoffnung auf eine Art Kulturmeile in Verbindung mit dem Altonaer Museum aus. Voraussetzung dafür ist eine stärkere Öffnung zum Platz der Republik.

Bei großen Plänen ist die Direktion allerdings immer auf die Mithilfe des Vereins „Freunde des Altonaer Theaters“ angewiesen. Alleine an der Renovierung waren 50.000 Mark Spendengelder beteiligt. Doch der Verein ist natürlich auch für das Kulturelle zuständig, das, womit das Publikum bis dato zufrieden war. Damit das so bleibt, setzt sich der Förderverein besonders für die kleinen Produktionen auf der Foyer-Bühne ein. Die fasst nämlich maximal hundert Zuschauer und ist entsprechend begrenzt rentabel.

Auf dieser kleinen Bühne kommen neue Stücke zur Aufführung, die sich in erster Linie an ein jüngeres Publikum wenden wollen. Schon im Oktober inszeniert Franz-Joseph Dieken hier die Belgrader Trilogie der Serbin Biljana Srbljanovic. Für die ganz Kleinen ab drei Jahren wird am 22. September in der Regie von Marc Lowitz Jutta Bauers großartige Königin der Farben zur Uraufführung kommen.

Henning Bock verschlägt es mit seiner nunmehr dritten Inszenierung auf die große Bühne. Auf Oliver Bukowski, für dessen Stücke Schneider die Hamburger Erstaufführungsrechte erwarb, folgt Anfang nächsten Jahres Aki Kaurismäki. An dessen Film I hired a contract killer reizt Bock die gleiche krude Mischung aus Humor und Melancholie, wie sie für Bukowskis Schauspiele charakteristisch ist.

Komödiantisch wird es dann nochmal mit Don Camillo und Peppone, während Urmel aus dem Eis die Sparte Musical aufsfüllen wird. „Diesmal gibt es keinen roten Faden im Spielplan“; dies ist auch Axel Schneider nicht verborgen geblieben. Immerhin haben sich so viele Regisseure und interessante Stücke gefunden, dass die Hoffnung, den Trend der steigenden Zuschauerzahlen fortzusetzen, durchaus realistisch scheint. Eine Aneinanderreihung von Haudrauf-Stücken als Alternative vermittelt da schon einen anderen Eindruck.