Perschau: Quakdübel im Rechnungshof

■ Grüne kritisieren im Landtag den „arroganten“ Stil, in dem der Senat den Rechnungshof und dessen Kritik an der Rentabilität der bremischen Sanierungs-Investitionen abfertigte

„Diese Feudalherren-Allüren schaden Bremen“, erklärte die grüne Fraktionssprecherin Karoline Linnert gestern im Landesparlament. „Arroganz“ diagnostizierte sie und „Denunziation Andersdenkender“. In der Kritik des Senats am Rechnungshof werde ein „erschreckender Mangel an politischer Kultur deutlich“ und ein „Mangel an Kritikfähigkeit“. Und: „Haben Sie das nötig?“

Diese Schelte bezog sich auf die Art und Weise, mit der der Bremer Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) öffentlich reagiert hat, als der Rechnungshof, der im Auftrage der Legislative das Finanzgebaren der Exekutive prüft, seinen diesjährigen Bericht vorlegte (vgl. taz vom 30.8.). Nicht über die Sache wollte Linnert reden, das gehöre in den Rechnungsprüfungsausschuss des Parlaments, sondern über die Form. Der Finanzsenator hatte formuliert, der Rechnungshof sitze „im komfortablen Bremserhäuschen, wo sich der Staub der Kameralistik sammelt“.

„Wir brauchen höhere Einnahmen, um unter anderem den Rechnungshof künftig ohne Kreditaufnahme finanzieren zu können“, kalauerte der Finanzsenator.

In freier Rede vor einer öffentlichen Versammlung bezeichnete Perschau die Mitarbeiter des Rechnungshofes als „Quakdübel“. „So nennt man in Hamburg nörgelige Kinder, die nicht brav an der Hand der Mutter gehen wollen“, weiß man dieses Wort beim Rechnungshof zu übersetzen. Und schweigt.

Nicht nur Perschau, auch Bürgermeister Henning Scherf (SPD) war gegenüber dem Bremer Rechnungshof ausfallend geworden. Vor Rechnungsprüfern aus der gesamten Bundesrepublik, so beschwerte sich gestern der Personalrat des Rechnungshofes, habe der Bürgermeister erklärt, der Bremer Rechnungshof sitze „in einem Marmorpalast“ und behindere die Modernisierung der Verwaltung. Scherf habe den Hamburger Rechnungshof gelobt und erklärt, dass er liebend gern den Hamburger Rechnungshof hier in Bremen habe. Der Personalrat ist „schockiert“, schreibt er, Scherf habe Bremens Ansehen Schaden zugefügt.

Für die CDU meinte der Abgeordnete Michael Teiser, die Kritik Perschaus bewege sich in „Form und Stil im Rahmen des Zulässigen“, man solle „die Debatte nicht so hoch hängen“. Cornelia Wiedemeier von der SPD fand allerdings, Perschau sei „übers Ziel hinausgeschossen“, ein Senator solle „vorsichtiger in seiner Wortwahl“ sein, wenn er eine parlamentarische Institution kritisiere – und um eine solche handelt es sich beim Rechnungshof, dessen Präsidium vom Parlament gewählt wird. Und was die Sache selbst angehe, fand die SPD-Finanzpolitikerin es „gut“, dass der Rechnungshof sich mit der Finanzlage Bremens auseinander gesetzt hat: „Wir teilen nicht alles, was der Senat in der Öffentlichkeit zu diesem Rechnungshofbericht verbreitet hat.“ Zu Recht werde vom Rechnungshof die Frage gestellt, ob denn alle Großprojekte betriebswirtschaftlich so rentabel sind, wie es behauptet wird, und „ob die regionalwirtschaftliche Rentabilität immer so groß ist, wie uns z.B. bei Jekyll&Hyde vorgerechnet wird, das weiß ich nicht“.

Insbesondere im Streit um das Rhodarium hatte der Rechnungshof schon frühzeitig intern darauf hingewiesen, dass die Rentabilitätsberechnungen des Senats unseriös seien. Im Wirtschaftsressort hatte man erhebliche „regionalwirtschaftliche Effekte“ durch die Rhododendren-Schau errechnet und 340.000 Besucher pro Jahr prognostiziert. Wenn das Wirtschaftsressort den Abgeordneten erklärt hätte, wie es zu seinen Zahlen kommt, dann hätten die sich vielleicht schon früher dagegen entschieden, hatte der Rechnungshof moniert. Als sich SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen dieser Kritik anschloss, kippte das Rhodarium-Projekt.

Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU)revanchierte sich jetzt in einem Interview mit der Bemerkung, der Rechnungshof sei bei der Bewertung von staatlichen Investitionen „– in aller Zurückhaltung – überfordert“. K.W.