haushaltsdebatte
: Schröder und Merz verfehlen Thema

Sosehr sich die Redner auch anstrengen, manchmal offenbaren gerade die groß angelegten Auftritte im Bundestag vor allem die aktuellen Schwächen der Akteure. Die gestrige Haushaltsdebatte ist so ein Fall. Mit ihren Auftritten haben sich weder Bundeskanzler Gerhard Schröder noch Oppositionsführer Friedrich Merz einen Gefallen getan.

Merz verfocht eine Linie, mit der er seiner Partei schadet: Vehement sprach er der SPD jegliche Urheberschaft an der deutschen Vereinigung ab, mehrfach beschwor er die Union als Gralshüterin des 3. Oktober. Mit dem Bundeshaushalt hatte all das nichts zu tun. Trotzdem, bei keiner anderen Passage sprach Merz so erhitzt, für keine andere erhielt er so viel Beifall aus den eigenen Reihen. Dabei waren die Aussagen nicht neu – doch dass der CDU-Fraktionsführer auf Bewährung sie gestern bei seinem großen Auftritt wiederholte, zeigt, welche Richtung er der Union geben will.

Kommentarvon PATRIK SCHWARZ

Mit seiner Rede hat Merz dem Sehnen der Partei nachgegeben und sie in die Vergangenheit geführt. Seine schwache Darbietung zu den meisten haushaltspolitischen Fragen verstärkte diesen Eindruck nur. Ein starker Oppositionsführer hätte sich dem Wunsch seiner Partei nach Realitätsflucht in den Weg gestellt. Die Vereinigungs-Folklore bringt nicht einmal Punkte im Kampf um Zustimmung in Ostdeutschland. Mag die CDU sich ruhig für die Einheits-Partei von 1990 halten – Schröder hat mit seiner Sommertour das Ostdeutschland von heute für sich eingenommen.

Sosehr der Oppositionsführer seiner Partei gestern geschadet hat, so wenig hat der Bundeskanzler in der Haushaltsdebatte drohendes Übel von der rot-grünen Koalition abgewandt. Erstaunlich gleichgültig gab er sich angesichts des wachsenden Volkszorns gegen die Benzinpreise. So wollte er wohl Gelassenheit demonstrieren, zumal nach den Vorwürfen, er habe sich beim Euro verplappert. In Wahrheit spielt Schröder auf Zeit. Sein Image als Steuermann, der Kurs hält, ist ihm zu lieb geworden, als dass er es durch überhastete Korrekturen aufs Spiel setzen möchte.

Dieser Ehrgeiz, mehr als die Liebe zu einem ökologisch motivierten Steuergesetz, macht Schröder zum Hüter der Ökosteuer. Mit seiner Rede hat er sich trotzdem keinen Gefallen getan: Gerade um Rot-Grün vor der drohenden Autofahrer-Kampagne zu bewahren, wäre etwas Anteilnahme ganz nützlich gewesen. Das müsste der Autokanzler eigentlich wissen.