„Internationale Firmen einholen“

Ma Fucai, der Chef von Chinas größtem Ölkonzern PetroChina, zu Strategien seines Unternehmens in der Welt, Umweltzerstörungen in Tibet, Luftverschmutzung und der Hoffnung auf immer neue Ölreserven

 taz: Herr Ma, die Benzinpreise explodieren und durch Europa rollt eine Welle des Protests. Fürchten Sie für die Zukunft eine neue Ölkrise?

Ma Fucai: Öl ist eine Ware wie andere Waren auch. Der Ölpreis schwankt entsprechend der vorhandenen Ölmenge auf dem Markt. Das ist auch heute der Fall, und darüber braucht man sich nicht allzu große Sorgen zu machen.

Früher hat China Öl exportiert, heute importiert es große Mengen. Wird das auf Dauer zur Ölknappheit auf dem Weltmarkt führen?

Schon in den 20er- und 30er-Jahren vermutete man, dass die Ölverkommen bald erschöpft seien. In Wirklichkeit aber hat man immer neue Ölreserven entdeckt. Darin sehe ich eine Naturregel. Der Fortschritt der Wissenschaft führt zu immer neuen Erkenntnissen über die geografischen Strukturen unter der Erdoberfläche und senkt zugleich die Förderungskosten neu entdeckter Ölvorkommen.

Kritiker von PetroChina im Westen haben Ihrem Unternehmen vorgeworfen, zur Umweltzerstörung in Tibet beizutragen.

Das sind die üblichen antichinesischen Kräfte. Wir unterhalten in Tibet 90 Tankstellen, die für die Menschen dort von Nutzen sind. Wie sollen die Tibeter ohne Tankstellen Auto fahren? Und ohne Öl würden sie mehr Holz zum Kochen und Heizen brauchen. Darunter würde vor allem die Umwelt leiden.

Mit der Erschließung neuer Öl- und Gasfelder wandern immer mehr Chinesen in die muslimisch bevölkerten Provinzen Westchinas ein. Schüren Sie damit ethnische Konflikte?

Unsere Ölfelder sind gerade bei den nationalen Minderheiten beliebt. Durch sie wird die lokale Wirtschaft angeregt und der Lebensstandard der Bevölkerung erhöht.

In der Ölförderstadt Kurla in der Wüste Gobi, wo PetroChina Anlagen unterhält, habe ich eine deutliche Segregation zwischen muslimischer und chinesischer Bevölkerung gespürt.

Ich war mehrmals in Kurla und kenne den Bürgermeister dort gut. Wenn Sie noch einmal in die Stadt fahren, werden Sie feststellen, dass das Ölfeld den Meschen nur Vorteile gebracht hat.

Setzen Sie im Westen Chinas vermehrt auf Naturgasförderung?

Wir haben im Westen große Gasreserven gefunden. Der hohe Kohleanteil von 70 Prozent in China führt zu einer enormen Umweltbelastung. Peking zählt zu den 10 Städten in der Welt mit der schlimmsten Luftverschmutzung. PetroChina will deshalb Naturgas in China von West nach Ost und von Sibirien nach China transportieren, um die Energiestruktur zu verändern.

Vor neuen Großinvestitionen in Gaspipelines müssen Sie das eigene Haus umbauen: Haben Sie genug Arbeit für eine halbe Million Menschen?

Vor 1999 hatten wir 1,54 Millionen Mitarbeiter, heute sind es noch 450.000. Selbst diese Zahl wirkt auf ausländische Investoren, die wir dringend benötigen, oft erschreckend. Der Stellenabbau muss deshalb noch weitergehen.

Was ist Ihr Unternehmensziel?

Die ausländischen Ölkonzerne sind unser Vorbild. Aus ihren Erfahrungen haben wir unsere Unternehmensrefom entwickelt. Wir haben die Gehälter der Manager von Leistungen abhängig gemacht, eine Aktiengesellschaft gegründet und unabhängige Vorstandsmitglieder berufen. PetroChina steht nach Ölreserven weltweit an vierter Stelle. Ich bin überzeugt, dass wir die international führenden Firmen eines Tages auch bei Umsatz und Gewinn einholen können. INTERVIEW: GEORG BLUME