Dichterdämmerung

■ Mäßig erleuchtet: Planten un Blomen

Passt eine Dichterlesung auch in eine Peepshow oder auf die Baumkronen entlang der Alster? Der Laie lacht, der Experte weiß: Lesungen fernab der kulturellen Trampelpfade sind ein alter Hut. Schon 1990 entdeckte die Hamburger Autorengruppe PENG den Japanischen Garten in Planten un Blomen für ihre Lesungen. „Dichter leuchten durch die Nacht“ – unter diesem Titel begingen die PENG-Poeten dort seitdem jährlich die Tagundnachtgleiche, um die Nacht und den beginnenden Herbst zu erhellen. In der Dämmerung des Freitagabend kam es zur zehnten und letzten Darbietung.

Neun Dichter, jeder ausgerüstet mit einem phosphoreszierenden Fliegenfängerstab, verteilten sich in den Miniaturlandschaften. Zur Symphonie aus Straßenrauschen, Entenquaken und Wasserplätschern gesellten sich die Dichterworte, die als Ampeln „den verlorenen Zusammenhang von Phantasie und Naturgeschehen hell ins Bewußtsein rücken“ sollten.

Doch gerade dieser Zusammenhang bereitete Kopfzerbrechen. Die sommerliche Bootsfahrt auf dem Goldbeck-Kanal, von der Eimer Reilers erzählte oder das Kinderbuch, aus dem Hilke Rosenboom vorlas – die meisten Texte waren ziemlich fern der schummerigen Verhältnisse vor Ort. Die „weisen Ausbrüche“ von Clas Broder Hansen wie „Der Tod ist wie das Leben, das Leben ist wie der Tod. Drum lebet den Tod und todet das Leben.“ passten zwar ins Ambiente, von einer Erleuchtung konnte jedoch keine Rede sein.

Zwei Lichtblicke gab es aber doch: Gunter Gerlachs Krimi-Episoden entsprachen vorzüglich der konspirativen Atmosphäre. Und Michael Batz verstand es als einziger, sich die Bühne „Garten“ mit seinen theatralisch vorgetragenen Hamburgpoemen zunutze zu machen. Schade, dass sich die restlichen Poeten nicht mehr die Philosophie der japanischen Gärtner – die Einheit von Kunst und Natur anzustreben – zu Herzen nahmen.

Timm Christmann