Das Bremer Bohrmaschinenmassaker

■ Tonart C wie Cäsar: Sebastian Kautz hat jetzt das Drama „Julius Cäsar“ in der Shakespeare Company eingerichtet, und Mark Scheibe komponierte die Musik dazu

Ein Theaterdolch und künstliches Blut sind lächerlich, das Publikum ist heutzutage durch Fernsehen und Kino Härteres gewöhnt. Das weiß der Schauspieler und Regisseur Sebastian Kautz von der Bremer Shakespeare Company. Deshalb wird der Titelheld in Shakespeares Drama „Julius Cäsar“, das er jetzt im Theater am Leibnizplatz eingerichtet hat, auch nicht mit einem Dolch ermordet. Der Herrscher aus dem alten Rom segnet – Brian de Palmas Film „Der Tod kommt zweimal“ lässt grüßen – nach einem großen, natürlich ironisch gemeinten Gemetzel mit einer Bohrmaschine das Zeitliche.

Aber halt! Bohrmaschinen gab es doch zu Cäsars Zeiten noch nicht! Turmuhren allerdings auch nicht, und diesen Anachronismus hat Shakespeare höchstpersönlich in sein Drama eingebaut, was wohl sein berühmtester Fehltritt war. Angesichts solcher Probleme bei der historischen Einordnung entschied sich Kautz, eine „eigene Welt“ zu kreieren. Statt wehender Togen und antiker Säulen aus dem letzten Jahrhundert vor Christus werden nun weiße Grundkostüme vor schwarzem Bühnenraum zu sehen sein. Die Thematik sei zwar „aktualisiert, aber nicht platt“, sagt Kautz. So habe man viele Parallelen, die der Politkrimi zum Spendenskandal der CDU aufweist, bewusst außer Acht gelassen.

Dafür jedoch soll Musik der (verhältnismäßig) jüngeren Vergangenheit zu hören sein. Marcus Antonius beispielsweise wird seine berühmte Rede in einem mitreißenden Gospel enden lassen: keine Neuheit bei Shakespeare-Aufführungen. Zu Lebzeiten des Autors sei im Theater schließlich oft gesungen worden, betont Mark Scheibe. Der Bremer Musiker wird die Darsteller auf seiner Hammondorgel begleiten. Fast durchgehend in C-Dur: „C wie Cäsar“. Weitere Hinweise, wie eine Theatermusik zu komponieren sei, fand er bei Shakespeare zu Genüge. So spielten Oktaven (für Octavius-Auftritte) bei Scheibes Arbeit ebenso eine Rolle wie Septimen (der Mord geschieht im – heute – siebten Monat Juli).

Bleibt noch die Frage, ob tatsächlich „Julius Cäsar“ und nicht etwa „Marcus Brutus“ aufgeführt wird. Schließlich gilt Brutus bei vielen LiteraturwissenschaftlerInnen als eigentliche Hauptfigur des Dramas. Sebastian Kautz jedoch entscheidet sich für Shakespeares Titelvorgabe. Auch wenn Cäsar schon früh sterbe, sei er doch bis zum Schluss geistig präsent. Brutus hingegen werde als beherrschter, kopflastiger Gegenpol zu Mitverschwörer Cassius interpretiert.

Die vorgegebene Zahl von 35 AkteurInnen wird übrigens nicht erreicht. Abgesehen von Kürzungen werden die DarstellerInnen Christian Aumer, Uta Krause, Magarita Fernandez Molina, Sylvia Kühn und Anette Ziellenbach ihre Rollen wechseln müssen.

Johannes Bruggaier

Die Premiere von „Julius Cäsar“ findet am 20. September um 19.30 Uhr im Theater am Leibnizplatz statt. Karten und Infos unter: 500 333