Straßenkampf im heißen Herbst

LKWs, Taxen und Busse legen Hamburg lahm, Blockaden könnten folgen. Verband fordert Tod des „Jobkillers Ökosteuer“  ■ Von Sven-Michael Veit

Mit der heutigen Demo habe man „die Verzweiflung noch kanalisieren können“, sagt Friedrich Wendt, aber es sei nicht auszuschließen, „dass uns die Situation entgleitet“. Dann könne es „auch zu Blockaden“ kommen. Der Vize-Chef des Landesverbands Straßenverkehrsgewerbe Hamburg (LSH) macht nicht den Eindruck, als ob er solche Aktionen bedauern würde.

Mit ihm sitzen sechs weitere Herren da vor der Presse in der Zentrale des Vereins Hamburger Spediteure in der Ost-West-Straße, die Phalanx der Hamburger Möbel- und Gütertransporter, Bus- und Taxiunternehmer, und verweisen auf das Hupkonzert draußen auf der Straße, das gedämpft bis in den Konferenzraum dringt. Ihnen allen stehe wahlweise „das Wasser bis zum Hals“ oder sie stünden „mit dem Rücken zur Wand“ – die Metaphern wechseln, das Feindbild bleibt: Die Ökosteuer, „dieser Jobkiller“.

Draußen vor der Tür tuckert der Konvoi vorbei, mit Tempo 30 in Doppelreihen. 420 LKWs, Busse und Taxis hat die Polizei gezählt, die auf dem Ring 1 immer rundhe-rum fahren, alle Hörner im Dauerbetrieb. Zwei Stunden lang von 10 bis 12 Uhr kreisen sie die Innenstadt ein, vom Holstenwall zur Lombardsbrücke und am Hauptbahnhof vorbei in die Ost-West-Straße, den Hügel rauf und rechts ab in den Holstenwall in die nächs-te Runde. Außer ihnen fährt kaum noch jemand, die Straßen innerhalb des Wallrings sind fast autofrei.

Die Ökosteuer also, fordern die sieben Straßenkämpfer, muss weg, und wie in Frankreich müsse es einen staatlichen Ausgleich für die hohen Dieselpreise geben. Und die Kfz-Steuer müsse natürlich auch gesenkt werden. Bis zu 15.000 Mark jährlicher Mehrkosten pro LKW seien nicht zu verkraften, beteuern sie ein ums andere Mal und bemühen bergeweise Vergleichszahlen und Statistiken, um „die Wettbewerbsverzerrungen in der EU“ zu belegen. Bald gebe es deshalb „nur noch französische oder holländische LKWs, aber keine deutschen mehr“, fürchten sie.

„Das mittelständische Transportgewerbe“, prognostiziert Hans Stapelfeldt vom Straßengüterverkehrsverband, „bricht binnen Wochen oder gar Tagen in sich zusammen“, wenn nicht schnell gehandelt werde. „Fassungslos“ sei er über diese Regierung in Berlin, die tatenlos zusehe, wie allein in Hamburg 12.000 Arbeitsplätze auf der Strecke zu bleiben drohten. Aber tatenlos würden die Betroffenen das gewiss nicht hinnehmen. Es herrsche „Konsens“ zwischen Unternehmern und Mitarbeitern: „Die gehen ganz bestimmt nicht kommentarlos zum Konkursrichter.“

Eher gebe es, glaubt Stapelfeldt, „einen ganz heißen Herbst auf Hamburgs Straßen“.