Tofu-Wiener statt Rinderwahnsinn

Konkurrenz zu 200 Naturkostgeschäften in der Stadt: Mit „Eat Organic“ eröffnete der erste Bio-Supermarkt. Die Kunden freuen sich, von Bioweinen über Ökoputzmittel, Käse, Kosmetik und Burgern aus Esskastanien alles in einem Laden zu finden

von OLIVER VOSS

Ein silberner Hundenapf ist an den Fahrradständer angekettet. Ist man fast über das Gefäß gestolpert, stechen die zwei aufgedruckten Buchstaben ins Auge – „EO“. Die stehen für „Eat Organic“ und damit für Berlins größten Bioladen. Trotz der Glasfront fällt der vor einer Woche eröffnete Laden von außen wenig auf.

Innen jedoch gibt es viel zu sehen: Auf 500 Quadratmeter Geschäftsfläche gibt es von biologisch abbaubaren Reinigungsmitteln bis hin zu Lebensmitteln und Kosmetik alles, was das Bioherz begehrt. Das Ambiente ist im Vergleich zu kleinen Ökoläden sehr modern gestaltet. So sollen Verbraucher für biologische Lebensmittel begeistert werden, die sonst das „Müsli-Image“ abschreckt, erläutert Geschäftsführer Lutz Kluckert, der mit seinem wallenden Bart nicht ganz so modern daherkommt.

Der 42-Jährige liegt mit seiner Idee im Trend. Schon lange bieten Supermarkt-Ketten verstärkt Biolebensmittel an. Allein seit vergangenem Jahr haben in ganz Deutschland über zwanzig Bio-Supermärkte aufgemacht. „Das braucht Berlin auch“, dachte sich Kluckert, der vorher das „Einhorn“ am Wittenbergplatz leitete – eins von schätzungsweise 200 klassischen Naturkostgeschäften in Berlin. „Das ist längst überfällig“, freut sich eine Zahnärztin, die fast täglich zum Einkaufen kommt. Besonders angetan ist sie davon, dass sie alles in einem einzigen Geschäft findet.

Besonders stolz sind die Betreiber des Ladens neben dem vorwiegend in der Mittagsszeit von Bankern frequentierten Bistro auf die Käse- und Wursttheke. Für viele sei der Fleischstand die „Einstiegsdroge“, sagt Mitarbeiter Roland Varduhn. Fleisch aus deutschen Landen, geräucherte Tofu-Wiener oder Burger aus Esskastanien – die Angst vor dem Rinderwahnsinn ist gut fürs Biogeschäft.

So viel Güte hat freilich seinen Preis. Die Frage: „Ist Bio unbezahlbar?“, stellt auch das hauseigene Servicemagazin „Bioboom“. Normale Lebensmittel seien zu billig, lautet die Antwort des Heftes. „Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist vernünftiger als anderswo“, freut sich Hermann Müller, einer der Kunden. Müller, der aus einer Weingegend in der Pfalz stammt, kommt wegen der großen Auswahl an Bioweinen. Obwohl er keinen Unterschied im Geschmack feststellen kann, bevorzugt er Wein aus pestizidfreiem biologischem Anbau. Der Grund: „Das tut den Weinstöcken gut.“ Neben Weinen gibt es auch Getränke wie wie Guarana-Cola oder Dinkel-Bier.

Die Vorteile biologischen Anbaus liegen auf der Hand. Ob damit jedoch Preise von 12,99 Mark für Bio-Nutella gerechtfertigt und Bio-Kartoffelchips ein Beitrag zur gesunden Ernährung sind, sei dahingestellt. Dafür gibt es vegetarisches Hundefutter. Schade nur, dass der Wassernapf vor der Tür an diesem Nachmittag unangerührt bleibt. Vegetarische Schäferhunde wären wirklich mal was Neues.

„Eat Organic“ befindet sich in der Berliner Straße 132 in Wilmersdorf, U-Bahnhof Blissestraße