Der ABM-Trick: Billig gegen rechts

Zehn Jobs gegen rechts finanziert die Schweriner Regierung. Gut. Nachteil: Schlecht qualifizierte Langzeitarbeitslose arbeiten auf Stellen ohne Mittel

von MARINA MAI

Mecklenburg-Vorpommerns Regierung tut was gegen rechts. Dazu hat sie allen Grund. Im vergangenen Jahr zählte der Verfassungsschutz 51 Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischen Hintergrund in dem nördlichen Bundesland. Proportional zur Einwohnerzahl liegt Mecklenburg-Vorpommern damit bundesweit – knapp hinter Sachsen-Anhalt – auf dem zweiten Platz.

Entsprechend besorgt gibt sich auch Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD). So forderte er kürzlich, bei rechtsradikalen Ausschreitungen „nicht wegzuschauen“. Man müsse vor allem deutlich machen, dass Ausländer den Deutschen keine Arbeitsplätze wegnähmen. In Mecklenburg-Vorpommern liegt der Ausländeranteil bei etwas über 1, die Arbeitslosenquote bei 17 Prozent. „Da reicht doch simple Mathematik, um die Parolen der Neonazis zu durchschauen.“

Fraglich ist nur, ob die Anstrengungen seiner Regierung ausreichen, um den gewaltbereiten Teil der Bevölkerung aufzuklären. Denn hier scheint auch Ringstorff eher simple Überlegungen anzustellen. Da ist einerseits das Ziel der Bekämpfung rechter Gewalt, da ist andererseits die Förderung des „zweiten Arbeitsmarkts“, die der Koalitionspartner PDS im Wahlkampf gefordert hatte. Diese beiden Ziele versucht Ringstorff unter einen Hut zu bringen – egal, ob sie zusammenpassen oder nicht.

Im Mai stellte die rot-rote Landesregierung dem „Verein für Demokratie und Toleranz“, der die Arbeit gegen Rechtsextremismus im Land koordinieren soll, zehn sogenannte SAM-Stellen für vier Regionalteams in Rostock, Greifswald, Schwerin und Neubrandenburg zur Verfügung. SAM steht für „Strukturanpassungsmaßnahmen“. In der Realität bedeutet das: Auf die für drei Jahre befristeten SAM-Stellen schicken die Arbeitsämter vor allem schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose.

Eine untaugliches Strategie, findet der Landtagsabgeordnete Monty Schädel, der als Parteiloser der PDS-Fraktion angehört und Mitglied des „Vereins für Demokratie und Toleranz“ ist. Weil die Instrumentarien des zweiten Arbeitsmarktes in erster Linie dazu dienten, innerhalb kurzer Zeit mit wenigen Mitteln Langzeitsarbeitslose wieder in Beschäftigung zu bringen, seien sie für die Bekämpfung des Rechtsextreminismus prinzipiell ungeeignet. „Es ist zwar durch Tricks gelungen, einzelne fähige Sozialarbeiter oder andere langjährige Engagierte gegen die rechte Szene auf die Stellen zu vermitteln“, so Schädel. Doch wer zuvor nicht lange genug arbeitslos gewesen ist oder aus einem anderen Arbeitsamtsbereich stammte, hätte keine Chance auf eine Stelle. Für eine Tätigkeit im Verein, die etwa die qualifizierte Beratung von Kommunalpolitikern über die rechte Szene und die Vernetzung von lokalen Initiativen beinhaltet, wird Schädel zufolge weder ein Hochschulabschluss noch eine sozialpädagogische Ausbildung verlangt.

Doch nicht nur die Rekrutierung der Mitarbeiter ist ein Problem für den Verein, auch die Arbeitsbedingungen sind mehr als schwierig. Nach Angaben des Vereinsvorsitzenden Michael Rittmeier müssen sich zwei Mitarbeiter pro Monat 100 Mark Telefonkosten und 120 Mark Reisekosten teilen. Wie man damit in drei bis vier Landkreisen mobil sein soll, bleibt ein Geheimnis der Landesregierung. Keinerlei Mittel gab es für Investitionen. Drei Monate nach Arbeitsaufnahme konnte sich jedes Regionalteam über einen eigenen PC freuen: Als Leihgabe stellte der DGB Geräte mit veralteter Software, ohne Internetzugang, Drucker und Scanner zur Verfügung. Fax- und Kopiergeräte fehlen. Dem Regionalteam in Greifswald hätte das Arbeitsamt sogar untersagt, außerhalb der Hansestadt zu arbeiten. Dabei sollte dieses Team, dem Konzept des Vereins zufolge, in ganz Nordvorpommern tätig werden.

Für Björn Richter, Vereinsmitglied und Vorsitzender des Landesjugendringes, liegt das Problem in der fehlenden politischen Anerkennung der Arbeit des „Vereins für Demokratie und Toleranz“: „Es fehlen ein klares Votum und ein abgestimmtes Konzept der gesamten Landesregierung zur Verbesserung der Demokratie im Land ähnlich wie in Brandenburg und Sachsen-Anhalt“, kritisiert Richter. Würde die Landesregierung die konzeptionelle Arbeit dem Verein übertragen, wie es Sachsen-Anhalt getan hat, müsse der besser ausgestattet werden.

Der Sprecher des Arbeitsministeriums, Helfried Liebsch, bestreitet die schlechte Ausstattung des Vereins mit Personal- und Sachkosten nicht. Es sei auch richtig, dass Mitarbeiter aus dem „zweiten Arbeitsmarkt“ herangezogen würden. Auf die lässt er jedoch nichts kommen: „Das sind gute Leute.“ Ganz überzeugt scheint aber auch der Ministeriumssprecher nicht zu sein. Wie zur Rechtfertigung verweist er darauf, dass sein Ministerium insgesamt 40 Millionen Mark für Jugend- und Schulsozialarbeit ausgibt. „Das dient auch dem Zurückdrängen rechter Jugendkultur und ist in diesem Umfang bundesweit einmalig.“ An eine Aufstockung der Mittel für den Verein sei derzeit nicht gedacht: „Wir können nicht alles tun.“