Elternlos explodieren

Die Pubertät ist ein Todesurteil: James Wongs Teenie-Slasher-Film „Final Destination“

Die göttliche Vorhersehung hatte schon ausgedient, da kam der Teenie-Slasher-Film, ein Genre, in dem die Figuren nicht nur reihenweise, sondern auch einem festen Plan zufolge hingerichtet werden, und wer das nicht glaubt, stirbt natürlich zuerst. Seit „Scream“ wird sich nun allerorten über so strenge Handlungsabläufe lustig gemacht, was aber ein hilfloser Akt der Auflehnung bleibt. Der Teenager kommt doch nicht um die Erfahrung herum, dass sein Leben vorprogrammiert ist; während ihm immer mehr Schamhaare wachsen, tun sich schließlich auch jede Menge gesellschaftlicher Zwänge auf.

In „Final Destination“ kommt das Erwachsenwerden deshalb einem Todesurteil gleich – die erste große Klassenreise (elternlos nach Paris) endet kurz über dem Rollfeld in einer Explosion. Schon die grausigen Szenen im Flugzeugrumpf machen allerdings klar, dass James Wong den Schock nicht der Ironie opfern will. Statt ein Quell ständiger Überlegenheit zu sein, wird das Wissen um die Genrekonventionen (wer stirbt als Nächstes?) sogar bald zum Problem. Denn der schüchterne Alex hat das Unglück zwar vorhergesehen und mit ein paar Mitschülern die Maschine im letzten Moment verlassen. Seine Fähigkeit, Zeichen richtig zu lesen, ist aber lange nicht so nützlich, wie es scheint.

Nicht nur, dass sich die Überlebenden erst mal von Alex fern halten (seine Prophezeiungen machen ihn, wie jeden Horror-Fan, zum Komplizen des Plots gegen die restlichen Figuren). Der Tod ist auch ein schlechter Verlierer, der noch Monate nach der Flugzeugkatastrophe einfordert, was ihm entgangen ist. Dabei gerät er zunehmend in Rage, manifestiert sich aber nur in mörderischen Kettenreaktionen: Die Bildröhre explodiert, ein Glassplitter trifft das Opfer an der Halsschlagader, es stolpert in die Küche, wo der Messerblock schon sehr nah an der Tischkante steht etc.

Dass Alex weiß, in welcher Reihenfolge der Tod zuschlägt, hilft da ebenso wenig, wie mit Handschuhen aus der Dose zu essen. Durch den beseelenden Blick der Kamera auf die Dingwelt erscheinen die alltäglichen Handgriffe nur immer gefährlicher. Man müsste schon das Leben selbst anhalten oder eben den Film. Schließlich fallen die Figuren nicht bloß dem Plan des Todes zum Opfer, sondern den Gesetzmäßigkeiten des Genres, das hier vehement auf seinem Recht beharrt. Damit zeichnet der Film ein düsteres Bild von den Möglichkeiten des angehenden Individuums. Man möchte jedenfalls kein US-Teenager sein.

KERSTIN STOLT

„Final Destination“. Regie: James Wong. Mit Devon Sawa, Ali Larter u. a. USA 2000, 97 Min.