Homoehe vor Verfassungsprüfung

Gutachter kritisieren handwerkliche Mängel beim Gesetzentwurf zur Eingetragenen Lebenspartnerschaft

BERLIN taz ■ Volker Beck, rechtspolitischer Sprecher der Grünen, freute sich am Montag vielleicht zu früh. Unmittelbar nach Ende der gutachterlichen Anhörung im Rechtsausschuss zum Gesetzentwurf der Koalition zur Homoehe (der so genannten Eingetragenen Lebenspartnerschaft) meinte er, am Ende sei die Einsicht gewonnen worden, „dass es ein Gebot der Gerechtigkeit ist, homosexuellen Lebensgemeinschaften eine faire rechtliche Absicherung zu ermöglichen“.

Das allerdings stellt die Anhörung im Gebäude des Verkehrsministeriums weitgehend auf den Kopf. Zwar erntete der Göttinger Rechtsprofessor Uwe Diederichsen nur Kopfschütteln, als er mit Blick auf den Gesetzentwurf vor einem „Wertewandel“ sprach, den er befürchte, wenn der homosexuelle Trauschein zu gleichen Rechten und Pflichten führe wie der heterosexuelle. Gewichtiger waren die Einwände der Professoren Dieter Schwab (Regensburg) und Michael Sachs (Düsseldorf). Beide attestierten dem Gesetzentwurf handwerkliche Mängel. Beispielsweise werde nicht festgeschrieben, dass eine Eingetragene Lebenspartnerschaft die (heterosexuelle) Ehe nach Artikel 6 des Grundgesetzes (Schutz von Ehe und Familie) ausschließe. Überhaupt fehle es dem Reformwerk an Konsequenz. Sachs – wie auch andere – kritisierten den Entwurf, weil er sich scheue, das politische Vorhaben der rot-grünen Regierung genau zu benennen: homosexuellen Paaren die gleichen Rechte einzuräumen wie heterosexuellen. Sachs wies darauf hin, dass der Gesetzentwurf am Karlsruher Verfassungsgericht scheitern werde, weil Artikel 6 sich der „Tradition nach“ strikt auf heterosexuelle Verbindungen beschränke. Man könne diesen Grundgesetzartikel zwar ändern – was freilich an der Union wegen der dafür nötigen Zweidrittelmehrheit scheitern würde –, aber dann müsse man das auch so offen formulieren. Wie Sachs und Schwab hatte das Gros der Gutachter nichts einzuwenden gegen das Projekt, homosexuellen Paaren Steine aus dem Weg zu räumen. Wo konkrete Diskriminierungen vorlägen, müssten sie auch getilgt werden, hieß es, beispielsweise beim Zeugnisverweigerungsrecht, bei der Totensorge oder beim Mietrecht.

Hein Kötz, Professor am Max-Planck-Institut in Hamburg, wies darauf hin, dass die Furcht vor einem prohomosexuellen Wertewandel absurd sei. Erfahrungen aus den nordischen Ländern mit ihren homofreundlichen Gesetzen zeigten vielmehr eine Entspannung des gesellschaftlichen Klimas, keine Zuspitzung. Dass homosexuelle Paare öffentlich überhaupt artikulieren, ihre Beziehung gesetzlich schützen zu lassen, sei, so Kötz, selbst wenn es nur wenige Paare seien, für den Gesetzgeber Grund genug, um Abhilfe zu schaffen.

Während die Abgeordneten Beck und Margot von Renesse (SPD) die „Anregungen“ der Gutachter aufnehmen wollen, um das Gesetz bis Jahresende – wie von Kanzler Schröder gefordert – über alle parlamentarischen Hürden zu bringen, teilte die Union noch Gesprächsbedarf mit. Norbert Geis, deren rechtspolitischer Sprecher, fordert weitere Expertenanhörungen, „um wenigstens ein handwerklich ordentliches Gesetz zur Verabschiedung“ zu bringen. Seine Fraktion werde es trotzdem ablehnen. Dass die Union auf Zeit spielt, um das Projekt in dieser Legislaturperiode scheitern zu lassen, ließ die Opposition unbestritten. JAN FEDDERSEN