Drei Grazien im Bundesrat

Gestern wurde das Preußische Herrenhaus für den Bundesrat fertig gestellt. Rebecca Horns Drei Grazien und Per Kirkebys Schwarze Ladys vermitteln zwischen alt und neu Gebautem

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Im neuen Bundesratsgebäude an der Leipziger Straße geben zukünftig die Frauen den Ton an. In der Wandelhalle des gestern fertig gestellten Hauses schweben die „Drei Grazien“ in Form spitzer Lanzen der Künstlerin Rebecca Horn unter der Decke. Draußen schmücken den neobarocken Bau aus dem Jahre 1904 statt wehrhafter Plastiken nun sechs schwarze Bronzeskulpturen des Dänen Per Kirkeby, die vom Dach als „Schwarze Ladys“ herunterblicken. Horns schwebende „Drei Grazien“, die den Blick in die gläserne Kuppel leiten und über Spiegel ins Unendliche verlängern, erscheinen weniger bedrohlich. Vielmehr bringen die beweglichen metallenen Lanzen von je acht Metern Länge Leichtigkeit, Muse und Spiel ins Haus: Metaphern, die der Politik als Anregung dienen können.

Über zwei Millionen Mark hat die Bundesbaudirektion beim Umbau des einstigen Preußischen Herrenhauses zum Domizil des Bundesrates in Kunst investiert. Ebenso wie beim Kunstkonzept im Reichstag, sagte Staatssekretär und Kunstberat Helmut Holl, sollten hier die zeitgenössischen Skulpturen eine Mittlerrolle „einen Dialog“ zwischen dem wuchtigen Altbau und seiner Modernisierung übernehmen. Alt und Neu, Geschichte und Neuzeit würden, durch die Gegenwart der Installationen und Plastiken, „zu einer Einheit“ gebracht. Dem kann man nur zustimmen.

Nicht ganz so symbiotisch und spielerisch wie in der Wandelhalle verhalten sich Altbau und moderne Einbauten zueinander, wo keine Kunst am Bau als Mittler dient. Nach den Plänen des Hamburger Architekten Peter Schweger wurde zwischen 1997 und 2000 die Fassade des dreiflügeligen schlossartigen Ensembles saniert. Wenn am 29. September die Länderminister zu ihrer ersten Sitzung zusammentreffen, betreten sie die ebenfalls rekonstruierte Säulenhalle und Treppenanlage, über welchen kunstlos-modische Deckenleuchten strahlen.

Den Plenarsaal im Zentrum des Baus hat Schweger ganz neu entworfen. Der quadratische Raum setzt sich mit seiner schlichten hellen Holztäfelung vom repräsentativenAltbau ab, so als wollte er gar nicht dazugehören. Die „sachliche Atmosphäre“, wie Schweger erklärte, wird gesteigert durch eine lichte Decke, durch die das Tageslicht fällt. Gleichfalls recht funktional gestaltet sind die acht Sitzungssäle und Büros in dem insgesamt 23.300 Quadratmeter großen Bundesratsgebäude.

Um den rund 200 Millionen Mark teuren Umbau hatte es lange Zeit Ungewissheit gegeben. In das von Friedrich Schulze-Colditz erbaute Haus der adeligen preußischen Abgeordneten, das im Zweiten Weltkrieg beschädigt und zu DDR-Zeiten zum Teil von der Akademie der Wissenschaften genutzt worden war, sollten ursprünglich die zweiten Dienstsitze der in Bonn verbleibenden Bundesministerien einziehen. Erst im September 1996 beschloss die Länderkammer, der Bundesregierung an die Spree zu folgen. Daraufhin mussten die Umbaupläne neu gezeichnet werden.