Die taz muss rechnen: Mehr Werbung bitte!
: Liebe Genossinnen und Genossen,

ich muss zugeben: Ich bin beunruhigt. Seit drei Jahren bin ich nun Abonnent der taz – zum bilanzschädigenden ermäßigten Preis – und eine weitere Abokampagne ist angelaufen ...

Die Botschaft ist klar: Es geht um alles. Es geht um die einzige überregionale linke Tageszeitung von Bedeutung. Von großer Bedeutung sogar, denn trotz einer Auflage, die nicht einmal mit den meisten Regionalzeitungen mithalten kann, liegt die taz pünktlich jeden Morgen – zusammen mit FAZ, FR, Welt und SZ – in jeder Redaktion dieser Republik und entfaltet so, vor allem in ihrer Funktion als Leitmedium, eine nicht unbeträchtliche Wirkung, die über den bloßen Beitrag zur Meinungsbildung ihrer Leser weit hinausgeht. Die taz ist anders. Die taz setzt Akzente. Und deswegen habe ich sie abonniert. Dafür nehme ich gern in Kauf, dass mich das taz-Abo – selbst zum Bedürftigen- oder Schnorrer-Preis – einiges mehr kostet als jedes andere Zeitungs-Abo. Allerdings: Für mich als Student ist damit bereits die Schmerzgrenze erreicht: Der ermäßigte Preis ist bereits mein politischer Preis. Mehr gibt’s nicht!

Es stellt sich die Frage, ob Sie es sich nicht etwas zu einfach machen: Mit immer neuen Abokampagnen und immer neuen Slogans die taz immer wieder für kurze Zeit über Wasser zu halten kann nicht die Lösung sein! Auch die noch so edlen Ziele, auch die noch so guten Ideen, auch die noch so sehr gepflegte Andersartigkeit entbinden die taz nun einmal nicht vom Zwang zum Wirtschaften.

Während jede andere Zeitung über den Verkaufspreis gerade einmal wieder die Papierkosten einfährt und sich ansonsten vor allem über den Anzeigenverkauf finanziert, muss der Verkaufspreis bei der taz gleich die gesamten Betriebskosten decken. Natürlich: Werbung nervt! Aber die mangelnde Querfinanzierung über den Werbemarkt ist eben auch der Grund für den hohen Preis der taz. Sie ist nur halb so dick wie die anderen überregionalen Zeitungen, kostet aber am Kiosk genauso viel. Das Abonnement ist gar – je nach Tarif – gleich um ein Vielfaches teurer.

Ja, es ist traurig, aber wir leben nun einmal in einem System, in dem permanente Kosten-Nutzen-Rechnungen das Leben bestimmen. Also: Mehr Werbung bitte! Lieber ignoriere ich jeden Tag ein paar verkaufsfördernde Anzeigen, als zukünftig noch mehr zu zahlen – oder noch schlechter: gar nichts mehr zu zahlen, weil es meine geliebte taz nicht mehr gibt. Durch eine verstärkte Werbefinanzierung ließe sich schließlich nicht nur die Qualität der taz weiter verbessern, sondern auch der Verkaufspreis senken, was zwangsläufig wiederum zu einer stärkeren Nachfrage führen muss (Ja! Auch zu mehr Abos!). JAN STAIGER

Lieber Abonnent,

vielen Dank für die ausführliche Zuschrift. Ihr Einwand, die taz sei reklamefeindlich, begegnet uns in vielen Diskussionen. Zwar gab es einige kontroverse Debatten über einzelne Anzeigen. Daran beteiligt waren neben der Belegschaft auch GenossInnen und LeserInnen. Ergebnis: Die taz braucht und will mehr Anzeigen. Nur chauvinistisches, rassistisches oder sexistisches Material wird prinzipiell nicht gedruckt. Bitte lesen Sie auch den Bericht aus der Anzeigenabteilung. Mit freundlichem Gruß, Petra Groll