zahl der woche
: Airports im Expansionsrausch – Kläger im Aufwind

Abheben für die Konjunktur

Wer will, soll abheben können. Wenn es geht, doppelt so oft wie heute: 40 Millionen Menschen sollen in zehn Jahren jährlich die Airports in Nordrhein-Westfalen passieren. Das bringt Arbeit, so diese Woche Ministerpräsident Wolfgang Clement. Standortvorteile sollen auch zusätzliche 400.000 Tonnen Fracht pro Jahr in Köln bringen.

Mit großem Tamtam feierte der Minister am Donnerstag vor Ort die Einweihung der modernsten Abfertigungsanlage Europas. Insgesamt 600 Millionen Mark werden in ICE-Bahnhof, Parkhaus und eben das neue Terminal II investiert.

Die Fluglärmgegner freuen sich derzeit trotz ansteigenden Flugverkehrs über ein neues Urteil, mit dem die Bundesverwaltungsrichter in Berlin ein vorheriges Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Münster kassiert haben. Demnach ist ein Teilwiderruf der Flughafengenehmigung des Köln-Bonner Airports möglich. Voraussetzung: Der Fluglärm ist unzumutbar. Wie viel Dezibel in punkto Fluglärm unzumutbar sind, ist allerdings noch ungeklärt. Das Oberverwaltungsgericht Münster wird darüber richten.

Für die Kläger aus Forsbach, Overath und Bonn ist jetzt schon Fakt: Ein Nachtflugverbot kommt. Der Rechtsberater der „Bundesvereinigung gegen Fluglärm“, (fluglaerm.de, Kontakt: 0 61 05/2 22 69) Winfried Seibert: „Schließlich entsteht der gesundheitsgefährdende Lärm gerade durch die schlafraubenden Jumbos.“ Bis zu 143 seien es in Köln. Das Urteil sei „sensationell“.

Das Bundesverwaltungsgericht selbst hat einen Hinweis gegeben, gegen wen eine erneute Klage gerichtet werden muss, wenn sie erfolgreicher sein soll: Gegen die Flughafengenehmigungsbehörde und nicht länger die Flughafen GmbH. Das wäre in diesem Fall das Land Nordrhein-Westfalen – es besitzt ein Drittel der Airport-Anteile.

Wie schon bei der atomaren Endlagerdebatte ist laut Urteil ein Teilwiderruf von Genehmigungen möglich, wenn neue Umstände eingetreten sind. Das könnten veränderte Flugrouten oder der beklagte Nachtflug sein. Denn beim Airport-Bau 1960 war es zwischen 22 und 6 Uhr noch mausestill. Inzwischen kreisen nachts jährlich 40.000 Passagier- und vorwiegend Frachtflugzeuge über Köln. 1999 war fliegerisches Rekordjahr: 6,1 Millionen Fluggäste gingen auf die Reise – 2001 sollen es 7 Millionen sein. Der Kölner Beitrag zu den angepeilten 40 Millionen Passagieren in ganz NRW.

Die Flughafen GmbH hat seit Anfang der 90er-Jahre 170 Millionen Mark in Lärmschutzmaßnahmen investiert und bleibt auch deshalb angesichts des Berliner Urteils ganz ruhig. Der Sprecher des Flughafens, Walter Römer: „Es hat schon immer Urteile über Teilwiderrufe gegeben, etwa über bestimmte Flugzeugtypen, die verboten wurden.“ Von unzumutbarem Lärm könne nicht die Rede sein.

MEIKE BÖSCHEMEYER