Berliner steigen nicht um

Nach Europa und Deutschland floppt auch in Berlin der autofreie Tag. Polizei vermeldet üblichen Verkehr, die BVG keinen Besucherzuwachs. Zumindest erobern 15.000 Fußgänger Unter den Linden

von INGRID GEGNER

Der autofreie Sonntag, der von der Stadt Berlin als Alternative zum europaweiten autofreien Freitag angeboten wurde, fand nur geringe Resonanz. Die Polizei registrierte den für ein Wochenende üblichen Verkehr. Das Ziel der Aktion, Autofahrer zum Umsteigen auf andere Verkehrsmittel zu mobilisieren, ist somit fehlgeschlagen. Es wurden lediglich Teile der Straßen Unter den Linden und Straße des 17. Juni gesperrt. Auch der Querverkehr in der Friedrichstraße und am großen Stern wurde unterbrochen. Vereinzelte Autofahrer reagierten mit Unmut. Im Bereich des Potsdamer Platzes kam es zu kleineren Staus.

Obwohl öffentliche Verkehrsmittel an dem autofreien Sonntag kostengünstiger genutzt werden konnten, kam es zu keinen höheren Fahrgastzahlen. Nach Angaben der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wurden Busse und Bahnen nicht höher als üblich frequentiert.

Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Michael Cramer, nennt die Mutlosigkeit des Senats als Grund für die mangelnde Resonanz. Die Maßnahmen seien „halbherzig und als Alibi-Aktionen“ durchgeführt worden. „Umweltsenator Strieder hat noch nicht einmal dazu aufgerufen, das Auto stehen zu lassen“, sagte er. Cramer verwies auf das europäische Ausland. „In Paris waren im letzten Jahr ganze Arrondissements gesperrt und hier wird ein Straßenzug gesperrt“. Dennoch hätten die Berliner den Tag in großem Rahmen unterstützt und wünschten sich „jeden Sonntag autofrei“.

Zumindest das Volksfest, das im gesperrten Gebiet gefeiert wurde, fand große Resonanz. 15.000 Volksfestbesucher bevölkerten den gesperrten Straßenzug. Man lauschte klassischen Streichkonzerten am Lustgarten, die eine wohltuende Alternative zum Autolärm demonstrieren sollten.

Offiziell eröffnet wurde das Fest am Brandenburger Tor von Umweltsenator Strieder. In das abgesperrte Gebiet wurden Touristen per Velotaxi transportiert. Die Busse der Reiseunternehmen konnten nur in weiter Entfernung zum Volksfest parken. Der Aktionstag wurde in Berlin als Alternative zum europaweiten autofreien Werktag letzten Freitag veranstaltet. Erstmals hatte sich daran auch Deutschland mit 64 Städten beteiligt. Allerdings wurde auch diese Aktion nur am Rande bemerkt. In Düsseldorf, Hamburg und Frankfurt meldete die Polizei Verkehr wie üblich. In Berlin hatte der Senat gegen eine Teilnahme entschieden. An einem Freitag könne man sich keine Sperrungen leisten.

Die Mitglieder hatten ein Verkehrschaos erwartet. „Wir wollen keine Schikanen für die Autofahrer, sondern die Menschen dazu animieren, ein neues Stadtgefühl zu erleben“, verteidigte der Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Joachim Günther, die Verlegung.