„Nein, die taz ist nicht pleite“

Interview mit taz-Aufsichtsrat Urs Müller-Plantenberg zum verweigerten Testat des Wirtschaftsprüfers für die taz-Bilanz 1999. „Die Lage bleibt weiterhin dramatisch. Es muss gespart werden“

taz: Der Wirtschaftsprüfer des Genossenschaftsverbandes hat der diesjährigen taz-Bilanz seinen Segen verweigert. Das wurde gestern bekannt. Ist die taz jetzt pleite?

Urs Müller-Plantenberg: Nein, sie ist nicht pleite. Aber es gibt natürlich Probleme der Einschätzung. Das Testat für die Gesellschaft wurde verweigert, weil der Geschäftsführer nicht garantieren wollte, dass die taz weiter existieren wird. Diese Nichtgarantie sollte nach Meinung des Wirtschaftsprüfers bedeuten, dass die taz eine so genannte Zerschlagungsbilanz aufstellen soll.

 Das bedeutet?

Alles, was an Kapital und Anlagewerten bei der taz vorhanden ist, würde dann so bewertet, als müsste es sofort verkauft werden. So eine Zerschlagungsbilanz wäre dann sehr viel negativer als die gegenwärtig aufgestellte und müsste sofort dazu führen, dass die Insolvenz festgestellt wird. So eine Zerschlagungsbilanz würden aber wohl nur wenige deutsche Unternehmen einfach so überstehen.

 Trotzdem ist doch nun quasi amtlich testiert, dass die taz-Bilanz auf schwachen Füßen steht?

In gewissem Sinne schon. Aufsichtsrat und Geschäftsführung sind jedoch der Meinung, dass sich die Auflage und die Anzeigenerlöse auch so entwicklen können, dass die taz dieses Jahr gut überstehen wird. Daher meinen wir: Die Geschäftsführung kann normal bilanzieren – wenngleich die Lage weiterhin dramatisch ist. Von der Situation des Prüfers her ist die Verweigerung allerdings verständlich. Wenn die taz tatsächlich schließen müsste, hätte er früh genug darauf aufmerksam gemacht.

Und die Folgen? Wird der Aufsichtsrat nun härtere Sparmaßnahmen einklagen?

Der Aufsichtsrat sagt ohnehin, dass möglichst gespart werden muss. Auch bei niedrigeren Abozahlen muss die Geschäftsführung den Fortbestand der taz sichern. Für den taz-Leser wird sich aber vorerst nichts ändern.

Der Aufsichtsrat hat immerhin empfohlen, 10 der 143 Stellen zu streichen.

Wir sind sogar noch weiter gegangen. Es gibt seit neuestem eine Gruppe aus verschiedenen Bereichen der taz. Sie wird sich Gedanken machen, was im Einzelnen zu erfolgen hat, wenn die Abozahlen und die Anzeigenerlöse nicht so hoch sind wie geplant und wenn nicht genügend neue GenossInnen Anteile zeichnen. Jeden Monat wird überprüft anhand der Zahlen, die der Controller liefert, ob die Vorgaben erreicht sind. Wenn nicht, werden weitere Maßnahmen ergriffen.

INTERVIEW: REINER METZGER