Abseits der Hierarchien

Die neue Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter will sich für Frauen und Ökumene einsetzen

Neue Lübecker Bischöfin ist Bärbel Wartenberg-Potter (57); mit dieser Wahl hat die Nordelbische Kirche einen klaren Akzent für die Stärkung der Frauen und der weltweiten Ökumene gesetzt. Denn die neue Bischöfin hat schon in fast allen Teilen der Welt gearbeitet – abseits der üblichen Kirchenhierarchien. Ungewöhnlich ist die Wahl aber auch, weil sich damit erstmals eine Bewerberin durchsetzen konnte, die geschieden ist. Sie wird ihr Amt am 1. April antreten.

Bärbel Wartenberg-Potter wurde erst mit 37 Jahren zur Pastorin ordiniert, nachdem sie ihr Theologiestudium berufsbegleitend absolviert hatte. Denn nach einem Examen für das Höhere Lehramt war sie zunächst in einem reisenden Missionsprojekt und in der kirchlichen Erwachsenenbildung für Entwicklungspolitik tätig. Darüber hinaus ist sie Gründungsmitglied der Anti-Apartheid-Bewegung.

Nach ihrem Theologiestudium ging sie 1980 für fünf Jahre zum Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) in Genf, um die Frauenabteilung zu leiten. Dort heiratete sie in zweiter Ehe ihren Chef, ÖRK-Generalsekretär Philip Potter. Ihm folgte sie 1985 in seine Heimat und lehrte am College von Kingston in Jamaika. 1991 übernahm sie eine Pfarrstelle in Stuttgart: „Die weltweiten ökumenischen Erfahrungen müssen sich in der Gemeinde vor Ort bewähren.“ Seit knapp drei Jahren ist sie Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Frankfurt am Main.

Als Bischöfin will sie die Gemeinschaft in den Gemeinden vor Ort stärken. Gottesdienste müssten lebendiger und bunter werden. Auch die Kirchenmusik könne von den lebendigen Gemeinden im Süden der Welt profitieren. Weiterer Schwerpunkt ist die spirituelle Erneuerung. Wie sehr ihre moderne Spiritualität aber auch verunsichern kann, zeigt die heftige Kritik von Glaubenskonservativen im Vorfeld der Wahl. Ein Vorwurf: Sie würde die ägyptische Selket als Göttin verehren. „Absurd“, so Wartenberg-Potter.

Bundesweit ist Bärbel Wartenberg-Potter die dritte lutherische Bischöfin. Maria Jepsen wurde 1992 in Hamburg, Margot Käßmann im vorigen Jahr in Hannover zur Bischöfin gewählt. Gemeinsam mit Bischöfin Jepsen und Bischof Hans Christian Knuth (Schleswig) wird sie künftig die Nordelbische Kirche führen. Kirchenparlament und Diakonie werden in Nordelbien bereits von Frauen geleitet, so dass jetzt nahezu alle Spitzenämter weiblich besetzt sind. Es sei notwendig, so Wartenberg-Potter, die Bibel mit den Augen von Männern und Frauen zu lesen. Das biete auch Männern die Chance, ihre Rolle in der Kirche neu zu finden. THOMAS MORELL