Ditfurths Rache

Die ehemalige Grüne Jutta Ditfurth richtet über die Partei, und alle, die sie für angepasst hält, bekommen ihr Fett ab

BERLIN taz ■ Jutta Ditfurth hat in die Tasten gegriffen und ein neues Buch vorgelegt. „Das waren die Grünen“, lautet der Titel. Man ahnt, was kommt. Und so war es denn auch, als die 49-Jährige gestern in Berlin ihr Werk vorstellte. Kaum eine polemische Attacke, kaum eine Übertreibung, die Ditfurth ihren früheren Weggefährten nicht entgegenschleudert: Die Partei gleiche einer „Flasche mit falschem Etikett“, sei eine „große PR-Agenur für das deutsche Kapital“, und Bundesinnenminister Otto Schily sei ein „anthroposophisch eingefärbter Rassist“, der „besoffen vom Staat“sei.

Sie habe das Buch erst jetzt geschrieben, weil die Abstand erst jetzt groß genug sei, sagte Ditfurth. Vor neun Jahren trat Ditfurth aus. Doch von Distanz war wenig zu spüren, als sie gestern im Bundespresseamt zu Gericht saß. Eher schon war da ein tiefes Leiden zu spüren, das nach immer boshafteren Wertungen für das einstige Projekt suchte.

Das Symbol der Grünen, die Sonnenblume? „So verfault und vergiftet, dass sie noch nicht mal mehr als Kompost zu verwenden ist.“ Die grünen Spitzenvertreter? „Hoch neurotische Parvenüs, die ihr schlechtes Gewissen vor sich hertragen – was man ihren Gesichtern auch ansieht.“ Jürgen Trittin? „Jämmerliche Figur“, die „sich permanent demütigen lässt“. Fritz Kuhn, der neue Parteisprecher, ist für sie ein Förderer rechten Menschenschlages.

Journalisten der taz, des Spiegel und der Frankfurter Rundschau sind für Ditfurth nur Teil der großen Verschwörung. Die nur ein Ziel hatte: die Partei auf staatskonformen Kurs zu bringen und Jutta Ditfurth hinauszudrängen.

Wer das Buch zur Hand nimmt, kann sich ein Bild machen, wie es einst bei den Grünen zuging. Und am Sprachduktus der Autorin, einer Mischung aus Häme, Denunziation und Unterstellungen, nachlesen, welche Verletzungen sich die Akteure gegenseitig zufügten. „Das waren die Grünen“ – zum Glück, mag man angesichts der Lektüre des Ditfurth-Buches erleichert aufatmen. SEVERIN WEILAND