Ölpreis sinkt, Inflation steigt

Weil die USA Reserven verkaufen, kostete das Barrel gestern nur noch 30 Dollar. Inflationsrate in Deutschland gestiegen. Hilfe für Entwicklungsländer geplant

BERLIN taz ■ Der Ölpreis sank gestern deutlich auf 30 Dollar pro Fass. Grund war die Ankündigung von US-Präsident Bill Clinton am Wochenende, einen Teil der Rohölreserven auf den Markt zu werfen. Am Freitag hatte ein 159-Liter-Fass Rohöl der marktführenden Sorte Brent in London noch um 33 Dollar gekostet. Auch das niederländische Finanzministerium denkt über einen Verkauf eines Teils der Reserven nach – will aber nur gemeinsam mit der EU vorgehen. Alle wichtigen Industriestaaten, die sich in der Internationalen Energieagentur (IAE) zusammengeschlossen haben, halten strategische Erdölvorräte, die für 90 Tage reichen. Die Bundesregierung will ihre Vorräte nicht anrühren.

In der Zwischenzeit hat der Ölpreis die Inflationsrate auf 2,4 Prozent in die Höhe getrieben – den höchsten Anstieg seit 1997. Das erklärte gestern das Bundesamt für Statistik nach vorläufigen Schätzungen. Im August hatte die Teuerungsrate gegenüber dem Vorjahres-August noch bei 1,8 Prozent gelegen.

Mitte vergangener Woche hatte das Fass sogar 35 Dollar gekostet. Die USA wollen 30 Millionen Fass (Barrel) verkaufen, das entspricht 40 Prozent der weltweiten Tagesproduktion. Schuld an den hohen Ölpreisen ist nämlich nicht etwa eine Knappheit der Ölvorräte – die erschlossenen Quellen reichen derzeit für 41 Jahre. Grund für die hohen Preise sind paradoxerweise die niedrigen Preise der vergangenen zwei Jahre. Dies führte dazu, dass viele Förderanlagen und Raffenerien plötzlich unrentabel waren und geschlossen wurden. Das macht es den Opec-Staaten derzeit so schwer, ihre Förderung noch gleichmäßig zu erhöhen. Fast alle Staaten außer Saudi-Arabien fördern schon, so viel sie können. Experten rechnen zum Frühjahr wieder mit Preisen um die 25 Dollar pro Fass.

Viel mehr als die Industriestaaten haben übrigens die Entwicklungs- und Schwellenländer unter dem Ölpreis zu leiden. Die Ölkrise in den Siebzigern hatte viele Länder in die Überschuldung getrieben. Eine Sonderhilfe soll nun verhindern, dass die internationalen Bemühungen um eine Entschuldung der ärmsten Länder durch die Ölpreisexplosion unterlaufen werden. Das hat am Montag das Entwicklungskomitee der Weltbank in Prag beschlossen. In Not geratene Länder können beim Schuldenerlass zusätzlichen Bedarf geltend machen. URB