Eltern und Behinderte verunsichert

■ Tauziehen um Pflegesatz sorgt für Gerüchte / Sozialsenatorin: Heime des Jugendgemeinschaftswerks nicht in Frage gestellt

„Die beiden Wohnheime für Behinderte, „Haus Richardson“ und „Haus Dobbheide“ in Bremen Nord sind nicht in Frage gestellt“, erklärte gestern Sozialsenatorin Hilde Adolf (SPD). Gisela Garzlaff, 77-jährige Mutter eines mehrfach schwerbehinderten Sohnes, der im Pflegeheim „Haus Richardson“ lebt, wird das freuen. Seit sie hörte, dass bei der letzten Mitgliederversammlung des zuständigen Trägers der Behinderteneinrichtung, dem Jugendgemeinschaftswerk e.V., vor wenigen Tagen von hohen Schulden und möglicherweise Schließung des Hauses gesprochen wurde, ist die 77-jährige Witwe über die Zukunft des Sohnes besorgt. „Ich kann mich doch nicht um ihn kümmern.“

Die Hiobsbotschaft von der Finanzkrise des Trägervereins war Thema der Mitgliederversammlung vor wenigen Tagen. Unter „Verschiedenes“ wurde darüber berichtet, dass der Verein rund 500.000 Mark Schulden hat“, schüttelt ein anderes Vereinsmitglied, Vater eines Behinderten, den Kopf. „Wie konnten Vereinsvorstand und Behörde es so weit kommen lassen?“, fragt der 64-jährige Bruno Kämmle. Auch der Betriebsrat des Vereins – besorgt um rund 150 Arbeitsplätze in zwei Heimen und einer Tagespflegeeinrichtung –, kritisiert, dass „bessere Information wünschenswert gewesen wäre“.

Gegen die Vorwürfe wehrt sich der Vereinsvorsitzende Claus Jäger. Er habe auf der Mitgliederversammlung eigentlich mitteilen wollen, wie das Finanzierungsproblem gelöst worden sei, erklärt er. Doch den vom Verein erwarteten Schlichtungstermin über den zwischen Behörde und Verein strittigen Pflegesatz habe die Behörde verzögert. „Deshalb mussten wir jetzt Eltern und Mitarbeiter irritieren“, so Jäger. Er sieht den Verein gegenüber vergleichbaren Einrichtungen finanziell benachteiligt; ein Tagessatz von über 300 Mark sei nötig, um die Pflege der rund 60 HeimbewohnerInnen zu bezahlen. Auch könne der Personalschlüssel mit Rücksicht auf die Altbauten der Einrichtungen nicht auf „eins zu eins“ gesenkt werden.

Die Behörde verweist dagegen darauf, dem Verein schon 1998 mit einer Million ausgeholfen zu haben. Damals sei verabredet worden, ein Konzept zur wirtschaftlichen Führung zu entwickeln. „Bedauerlicherweise ist das bis heute nicht vorgelegt worden.“ Der Vereinsvorsitzende entgegnet, dass es „nie um eine Minderung des mageren Satzes“ gehen sollte. Er hofft jetzt auf eine positive Schlichtungsentscheidung im Oktober. ede