Keine Blumen für den Staatsanwalt

■ Beim Vulkan-Prozess fiel der Staatsanwalt aus der Rolle / Der Vorwurf der Verteidigung: Quick soll eine Zeugenvernehmung „getürkt“ haben / Urteil wird Anfang Oktober erwartet

Anfangs hatte er noch milde gelächelt. Doch gestern, beim zweiten großen Auftritt der Verteidigung im Vulkan-Prozess, zeigten die Attacken Wirkung auf Staatsanwalt Burkhard Quick: Nicht nur, dass seine Züge zunehmend versteinerten. Nein, der Staatsanwalt tat etwas, was ihm nicht besonders gut zu Gesicht steht: Er fiel dem Verteidiger von Ex-Vulkan-Chef Friedrich Hennemann mehrmals ins Wort. Um sich danach hektisch zu entschuldigen.

Hennemann-Anwalt Hanns Feigen hatte dem Staatsanwalt vorgeworfen, die „entscheidende Zeugenvernehmung getürkt“ zu haben, um Hennemann überhaupt verhaften zu können. Dabei geht es um den ehemaligen Treuhand-Anwalt Michael Schütte, dessen Aussagen Quick nach eigenem Gusto selbst protokolliert haben soll.

Außerdem habe der Staatsanwalt eine positive Bewertung des Vulkan-Konzerns durch ein Londoner Bankhaus als „Gefälligkeitsgutachten“ bezeichnet. Quick dazu: „Das habe ich nicht gesagt!“ Er verzichtete jedoch darauf, zu den Vorwürfen genauer Stellung zu nehmen, da er nach eigenen Angaben den Sitzungstag nicht in die Länge ziehen wollte.

Feigen zeichnete insgesamt das Bild, als habe sich der Staatsanwalt zum ausführenden Organ der Treuhand-Nachfolgeanstalt BvS gemacht. Und diese hat aus der Sicht des Bonner Rechtsanwalts Hennemann und zwei seiner Vorstandskollegen nur angezeigt, um von eigenen Fehlern bei dem Vertragsschluss mit dem Vulkan Verbund abzulenken. Der Vorwurf: Die Angeklagen sollen 854 Millionen Mark der Treuhand veruntreut haben, die für die Sanierung der Ostwerften gedacht waren.

Nachdem am Montag Vertragsmodalitäten im Vordergrund gestanden hatten, beschäftigte sich die Verteidigung gestern stärker mit der Frage nach der subjektiven Schuld der Angeklagten. Tenor: Diese hätten weder leichtfertig noch mit dem Bewusstsein, Unrecht zu tun, gehandelt, als sie die 854 Millionen ins zentrale „cash managment“ des Vulkan fließen ließen. Es sei juristischer Rat eingeholt worden; Außerdem hätten beide Vertragsparteien von dieser Praxis gewusst. Niemand habe eine besondere „Treuepflicht“ für das Geld gesehen. Auch sei man überzeugt gewesen, dass „genug Tafelsilber“ dabei war, um die Gelder bei Bedarf gen Osten zu transferieren. Durch den Konkurs waren die Millionen verloren gegangen.

Zu den Gründen dafür gehört für Feigen neben dem Verhalten des Aufsichtsrats – der monatelang keinen neuen Vorstand eingesetzt hatte – und übervorsichtigen Banken auch der Bremer Senat, der möglicherweise „gezündelt, aber nicht gelöscht“ habe. Konkret: Man habe den unbequemen Hennemann loswerden wollen, ohne später bereit zu sein, den Konkurs zu stoppen. Hennemann, der aus Sicht seines Anwalts wie ein „Staatsfeind“ behandelt wurde, meldete sich gestern mit brüchiger Stimme zu Wort, um sich nur „im vollen Umfang den Ausführungen meiner Verteidiger“ anzuschließen. Auch bei den Angeklagten Günter Smidt und Johannes Schnüttgen hatte die Verteidigung auf Freispruch plädiert.

Am 9. Oktober will die Große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts ihr Urteil verkünden. Ob der Prozess an diesem Montag wirklich zu Ende geht, steht indes noch nicht fest: Für den Fall, dass das Gericht über eine Verurteilung nachdenken sollte, hat die Verteidigung mit einer Vielzahl von Hilfsbeweisanträgen gedroht. hase