RIESTERS RENTENPLÄNE SIND FRAUENFREUNDLICH – UND DOCH UNGERECHT
: Streit bei Erwin und Mathilde

Kann man da noch meckern? Der Entwurf zur Rentenreform von Walter Riester ist mittlerweile durchaus frauenfreundlich – so frauenfreundlich, wie es in einer strukturell ungleichen Gesellschaft eben geht. Die Erziehungszeiten werden künftig durch Anwartschaften in Höhe eines Durchschnittsgehalts berücksichtigt. Die Hinterbliebenenrente wird zwar leicht abgesenkt, doch wenn Kinder erzogen wurden, stocken die Versicherer sie wieder auf – Witwen ohne Einkommen und ohne Kinder haben das Nachsehen, sie erhalten nur die abgesenkte Hinterbliebenenrente. Das ist aber durchaus gewollt, denn die SPD möchte die Frauen ermuntern, arbeiten zu gehen.

Als Bonbon bekommen Frauen auch noch das ideologisch umkämpfte Rentensplitting, das in Riesters ursprünglichen Eckpunkten nicht vorgesehen war. Nun können Männer und Frauen also ihre Anwartschaften in einen Topf werfen und im Rentenfall durch zwei teilen. Das klingt luxuriös gerecht, verschiebt aber in Wahrheit nur strukturelle Probleme in die Ehe hinein: Nun sitzen Erwin und Mathilde am Küchentisch und sollen sich einigen, ob Mathilde später mehr Rente bekommt, Erwin dagegen weniger. Auch wenn Mathilde Erwin verlassen sollte – seine Anwartschaften sind weg. Das werden sicherlich interessante Gespräche.

Oft wird es zu so dramatischen Szenen nicht kommen: In zwei Drittel aller Fälle, so das Arbeitsministerium, steht Mathilde nämlich mit der alten Hinterbliebenenrente, die von Erwins satter Vollrente abgeleitet ist, besser da als mit einer gesplitteten Rente.

Doch damit sind die Strukturprobleme nicht beseitigt: Frauen werden weiterhin weniger Rente bekommen. Ein Effekt der Lohndiskriminierung, der durch die private Vorsorge noch verschärft wird. Sie ist für Geringverdienerinnen sowieso schwer aufzubringen. Da Frauen zudem noch länger leben, werden ihre privaten Vorsorgebeiträge höher sein als die von Männern. Der frauenfreundliche Herr Riester könnte sich hier durchaus noch einen letzten Schubs geben und eine einheitliche Lebensversicherung fordern. HEIDE OESTREICH