Offene Fragen zur Telekom-Aktie

Bund will wegen US-Gesetz angeblich schnell Anteile verkaufen. Kurs unbeeindruckt, aber niedrig

BERLIN taz ■ Ganz ruhig hat gestern der Aktienmarkt auf neue Aspekte zur Aktie der Deutschen Telekom reagiert. Michael Steiner, außenpolitischer Berater von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), soll in einem Brief an einen Berater des US-Präsidenten Bill Clinton bekräftigt haben, dass die Bundesregierung den Staatsanteil an der Telekom herunterfahren will. Laut einem Bericht der Financial Times Deutschland soll dies „schrittweise und schnell“ gehen, und zwar bis auf einen Anteil von null Prozent. Von Bundesregierung und Deutscher Telekom hieß es gestern nur: „Kein Kommentar.“

Hintergrund ist der beabsichtigte Kauf des US-Mobiltelefonkonzerns Voicestream durch die Deutsche Telekom für etwa 100 Milliarden Mark. Bisher hält die Bundesrepublik 58 Prozent der T-Aktien direkt oder indirekt. Nach dem teilweisen Aktientausch mit Voicestream wären es noch 46 Prozent. Laut einer US-Gesetzesinitiative soll der Staatsanteil bei fremdländischen, jedoch auf dem US-Markt tätigen Telekomfirmen auf 25 Prozent begrenzt sein. Die Wettbewerbsbehörde Federal Trade Commission kann diese Regel jedoch ausnahmsweise außer Kraft setzen. Daher werben Bundesregierung und Telekom schon länger in den USA um Schönwetter.

Wenn die Bundesregierung wirklich schnell ihre Aktien verkauft, würde sich die Zahl der T-Aktien auf dem Markt mehr als verdoppeln. Das würde den Kurs weiter nach unten treiben, weil der Börsenboom auf dem Telekomsektor erst einmal vorbei ist. Trotzdem sank der Kurs der Telekom bis gestern Nachmittag nur leicht um 0,3 Prozent.

Dass die Börsianer ruhig bleiben, hat verschiedene Gründe: Die Bundesregierung hat schon immer betont, dass sie die T-Aktien möglichst schnell versilbern will. Der Brief war also nur eine erneute Bekräftigung. Außerdem ist der Kurs der T-Aktie in den vergangenen Monaten schon stark gefallen. Lag der Kurs der Aktie beim allgemeinen Börsenhoch im Frühjahr noch über 100 Euro, so dümpelt er nun bei 40 – der Stand von vor einem Jahr.

Die Misere ist nicht nur eine der Deutschen Telekom. Überall in Europa ist die T-Euphorie vorbei: ob bei der schwedischen Telia, France Telecom oder der spanischen Telefonica – die Kurse gingen zurück.

In den letzten drei, vier Monaten traf es die Telekom und ihre Tochter T-Online jedoch mit am härtesten. Seit Juni sank die T-Aktie um gut 40 Prozent. Und T-Online liegt derzeit bei 25 Euro, etwa zehn Euro unter dem Kurs des ersten Börsentages am 17. April diesen Jahres. Es gab bei beiden T-Aktien einfach zu viele Versprechungen und Ankündigungen, die nicht eingehalten wurden. REM