Laster billiger nach Süden

Europäischer Gerichtshof hält die österreichische Brenner-Maut für zu teuer und mittelbar diskriminierend für ausländische Lastkraftwagen. Umweltgesichtspunkte spielten keine Rolle

von CHRISTIAN RATH

Österreich muss Lkw künftig günstiger über den Brenner fahren lassen. Das entschied gestern der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH). Er gab damit einer Klage der EU-Kommission statt, die Österreich eine Diskriminierung ausländischer Laster gegenüber heimischen Fahrzeugen vorgeworfen hatte. Der österreichische Verkehrsminister Michael Schmid erklärte allerdings umgehend, er werde die Maut nicht senken, sondern bei den Verhandlungen mit der EU-Kommission darauf hinweisen, dass die Gebühren den Ausbau der Bahn mitfinanzierten.

Die Brenner-Autobahn von Innsbruck bis zur italienischen Grenze ist für den Verkehr zwischen Italien und Nordeuropa von zentraler Bedeutung. Wegen der restriktiven Verkehrspolitik der Schweiz machen viele Laster im Nord-Süd-Verkehr einen Umweg über Österreich.

Gerade um diesen „Umwegtransit“ abzuschrecken, forderte der Tiroler Landtag 1995 die österreichische Regierung zu einer Erhöhung der Mautgebühren auf. Für einen lärm- und schadstoffarmen Lkw mit mehr als drei Achsen zahlt man seit 1996 rund 150 Mark pro Fahrt.

Die EU-Kommission beanstandete diese Erhöhung jedoch wegen ihres „diskriminierenden“ Charakters. Erhöht wurden nämlich nur die Tarife für die Strecke zwischen Innsbruck und Italien, die zu 84 Prozent von ausländischen Lastern befahren wird. Teilstrecken mit überwiegend innerösterreichischem Schwerverkehr waren plötzlich nur noch halb so teuer. Und dies war kein Zufall. Der Tiroler Landtag hatte die Wiener Regierung ausdrücklich ermahnt, die „heimischen Frächter“ vor der „drastischen Belastung“ zu schützen.

Der EuGH entschied nun, dass eine solche mittelbare Diskriminierung von ausländischen Lkw gegen EU-Recht verstößt. Auch Umweltschutz-Gesichtspunkte könnten, so das EU-Gericht, eine Diskriminierung ausländischer Unternehmen nicht rechtfertigen.

Auf den ersten Blick läge es für die Wiener Regierung nun nahe, einfach die Maut für die Teilstrecken entsprechend zu erhöhen. Schließlich ist der innerösterreichische Verkehr dort nicht allzu stark. Dem steht jedoch eine zweite Aussage des Luxemburger Urteils entgegen. Danach ist auch die absolute Höhe der Brenner-Maut zu hoch. Nach EU-Recht können nämlich nur tatsächlich entstandene Kosten per Maut umgelegt werden. Der EuGH bestätigte nun aber die Auffassung der Kommission, dass am Brenner „weit“ darüber hinausgehende politische Preise verlangt wurden.

Die österreichische Regierung hatte der EU schon vor zwei Jahren eine Neuregelung der Brenner-Maut versprochen, konnte sie aber im eigenen Land nicht durchsetzen.

Bei der in Deutschland ab 2003 geplanten Schwerverkehrsabgabe sollen ähnliche Probleme gar nicht erst auftauchen. Man wolle eine Diskriminierung ausländischer Lkw vermeiden und sich in der Höhe an den Wegekosten orientieren, hieß es aus dem Berliner Verkehrsministerium (Az.: C-205-98).