Viel PS, wenig Mumm

Tausende Lkw- und Busfahrer protestieren in Berlin mit ihren Fahrzeugen gegen die Ökosteuer und die Treibstoffpreise. Hunderte ziehen spontan zum Reichstag. Blockaden gab es aber nicht

BERLIN taz ■ Die letzten Kilometer gehen die angereisten 2.500 Lastwagenfahrer zu Fuß. Die Polizei hatte Abstand zum Brandenburger Tor verordnet. Und an die Staatsmacht hält man sich.

Die Fernfahrer sind „äußerst kooperativ“, erzählt ein Polizeisprecher. Wer auf quer stehende Lastwagen und brennende Reifen spekuliert hatte, wurde gestern gründlich enttäuscht. „Es hat alles wunderbar geklappt“, bilanzierte die Polizei.

Insgesamt 6.500 Fahrzeuge waren dem Aufruf der Spediteursverbände nach Berlin gefolgt. „Nichts geht mehr“, so das kämpferische Motto der Veranstalter. Doch davon war gestern in Berlin nichts zu spüren. Lediglich auf den drei genehmigten Zufahrtsrouten gab es Behinderungen. Ansonsten blieben die Straßen ungewöhnlich leer. Viele Berliner waren mit der Bahn zur Arbeit gekommen.

Die Einzigen, die nicht ankamen, waren viele Demonstranten, die den Weg vom geparkten Lastwagen zum Brandenburger Tor nicht finden wollten – trotz der organisierten Pendelbusse. Wer am Brandenburger Tor ankam, hörte sich brav die Reden an, machte ein Erinnerungsfoto und schlenderte zurück zum Wagen. Nur für einen Moment wurde es unruhig auf der Kundgebung: als rund 300 Fahrer spontan rund 200 Meter weiter vor den Reichstag zogen. Doch sie trollten sich friedlich, nachdem Bundestagsvizepräsidentin Anke Fuchs (SPD) eine fünfköpfige Delegation empfangen hatte.

Hermann Grewer, Präsident des Bundesverbandes Güterkraftverkehr BGL und Hauptorganisator der Demonstration, blieb auch in seiner Rede moderat. Zwar kritisierte er die Wirkung der Ökosteuer auf das Speditionsgewerbe, vermied es aber, ihre Abschaffung zu fordern. Stattdessen schlug er vor, sie für das Speditionsgewerbe umzuwidmen in eine Straßenbenutzungsgebühr. Die soll auf die Maut draufgeschlagen werden, die die Bundesregierung ohnehin ab 2003 für Lkws plant.

Außerdem forderte Grewer „politischen Flankenschutz“ gegen den „EU-Subventionswettlauf“ im Transportgewerbe. In den Nachbarländern seien die steuerlichen Belastungen deutlich niedriger als hierzulande. „Ein ruinöser Wettbewerb“, sagte Grewer, in dem der „besser Subventionierte“ gewinne.

Anders als die Veranstalter blieb die Regierung hart: Kanzler Schröder zeigte zwar Verständnis für die Lkw-Fahrer und Spediteure, doch nicht die Ökosteuer, sondern die Wettbewerbsverzerrungen auf dem europäischen Markt seien existenzbedrohend für die Spediteure. Verkehrsminister Reinhard Klimmt (SPD) schloss steuerliche Erleichterungen aus, will aber gefährdeten Kleinspediteuren zinslose Darlehen gewähren.

MATTHIAS URBACH

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