Der Geldgeber regiert mit

Die meisten Länder Afrikas haben ihre wirtschaftspolitische Souveränität an Währungsfonds und Weltbank verloren

von DOMINIC JOHNSON

Fast alle Regierungen Afrikas sind finanziell auf Weltbank und Internationalen Währungsfonds (IWF) angewiesen. Nur immer neue Kredite und Stundungsprogramme unter strengen Auflagen verhinderten, dass Afrikas Staaten in den 90er-Jahren, als sich die Supermächte und ehemaligen Kolonialherren ökonomisch weitgehend aus Afrika zurückzogen, unter ihrer Schuldenlast zusammenbrachen und reihenweise Bankrott gingen. Afrikas Schulden stiegen nach UN-Angaben von 116 Milliarden US-Dollar 1990 auf 320 Milliarden 1998 und 350 Milliarden in diesem Jahr.

Damit haben die meisten afrikanischen Länder ihre wirtschaftspolitische Souveränität verloren. Ökonomische Zieldaten und die Höhe und Struktur der Staatshaushalte werden bis in kleinste Details diktiert. Sozialausgaben und Investitionen in Bildung und Gesundheit wurden lange zugunsten des Schuldendienstes vernachlässigt, so dass die Armut und Marginalisierung weiter Bevölkerungsteile und damit auch die politische Instabilität zugenommen hat. Dem Zugriff der Strukturanpassungsprogramme entziehen sich nur der informelle Sektor und der Schmuggelhandel. Letzterer wächst parallel zur Schwächung der Staaten allmählich zur grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität aus.

Je mehr die Geldgeber die Schuldenlast lindern, desto weniger tolerieren sie Zahlungsversäumnisse. Die 1996 erstmals von IWF und Weltbank konzipierten neuen Hilfsprogramme für besonders arme und hoch verschuldete Länder (Debt Initiative for the Heavily Indebted Poor Countries – HIPCs) verringern die Schuldenlast erheblich, den tatsächlichen Schuldendienst aber viel weniger; bei bisher säumigen Zahlern erhöhen sie ihn sogar. 13 afrikanische Länder nehmen mittlerweile an HIPC-Programmen teil.

Bisher hat lediglich Uganda das Programm bis zum „Abschlusspunkt“ durchlaufen, der nach drei Jahren Strukturanpassung und der anschließenden „Einhaltung makroökonomischer Stabilität und der Durchführung einer Armutsverringerungsstrategie“ gewährt wird und mit einer 90-prozentigen Streichung der Grundkreditsummen verbunden ist. Uganda gilt in den Augen ausländischer Investoren als einer der wenigen Hoffnungsträger Afrikas. Ein anderer dieser Hoffnungsträger, Ghana, hat wegen der strengen Bedingungen ein HIPC-Programm abgelehnt. Und in Uganda führt die Auslagerung der Wirtschaftspolitik in die Hände der Geldgeber zu politischer Verkrustung und zum Wildwuchs informeller ökonomischer Aktivitäten hoher Politiker und Militärs im benachbarten Kongo.

Die Rolle der Geldgeber wird in Afrika nicht nur negativ gesehen. In einer korrupten Diktatur stößt die Schwächung der Regierung oft auf breite Zustimmung in der Gesellschaft. In manchen Ländern sind einheimische Mitarbeiter von IWF und Weltbank zuweilen zu Anführern von Oppositionsparteien geworden. Oft bieten die Statistiken der Geldgeber den einzigen seriösen Kontrapunkt zur staatlichen Propaganda und dienen der politischen Opposition als Waffe im Kampf um die Wahrheit. Jüngstes Beispiel ist Simbabwe, wo die wahren Kosten der unpopulären Militärintervention im Kongo erst auf den Tisch kamen, als der IWF den geschönten Zahlen der Regierung widersprach.

Dass sich die Geldgeber heute immer mehr der Armutsverringerung zuwenden, kann vernachlässigten sozialen Bereichen zugute kommen. In immer mehr Ländern wird der Grundschulbesuch wieder kostenlos. Und vor zwei Wochen bewilligte die Weltbank erstmals Kredite von 500 Millionen Dollar für Aidsbekämpfung in Afrika. Die ersten Empfänger sind Äthiopien und Kenia.