Rechte Straftaten jetzt illegal

Polizei will gegen Rechtsextremisten künftig verstärkt nach Paragraph 129 StGB ermitteln. Handel mit indizierten CDs soll unterbunden werden. Ein Anstieg der Straftaten für das Jahr 2000 erwartet

von ANDREAS SPANNBAUER

Die Polizei will rechtsextreme Gruppierungen verstärkt wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ ins Visier nehmen. Die Verfolgung von Straftatbeständen nach Paragraph 129 StGB stelle eine Reaktion auf die rechtsextremistische Szene dar, die sich außerhalb rechter Parteien organisiere, erklärte Polizeipräsident Hagen Saberschinsky gestern.

Die Polizei soll demnach gegen rechtsextreme Gruppen nicht nur wegen Begehung einzelner Straftaten ermitteln. Es werde auch überprüft, ob Strukturen bestehen, die sich zum Ziel gesetzt haben, kriminelle Handlungen zu begehen, sagte der Polizeipräsident. Nach Informationen der taz wird gegen mehrere Rädelsführer wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt. Nach Verfassungsschutzangaben gibt es in Berlin 740 gewaltbereite Rechtsextremisten. Schwerpunkt rechtextremer Aktivitäten ist nach Angaben des Leiters des polizeilichen Staatsschutzes, Peter-Michael Haeber, der Bezirk Treptow.

Saberschinsky kündigte außerdem einen „Angriff auf die Logistik der Rechtsextremisten“ an. Insbesondere der Handel mit indizierten Tonträgern, der in Berlin nach Angaben des Polizeipräsidenten ein „sehr lukratives Geschäft“ darstellt, soll stärker verfolgt werden. Durch die Intensivierung der Finanzermittlungen unter so genannten „vermögensabschöpfenden Gesichtspunkten“ wollen die Strafverfolgungsbehörden die Finanzierung rechtsextremer Gruppierungen unterbinden.

Um Mitläufer frühzeitig aus der Szene zu isolieren, will das Landeskriminalamt die Kommunikation mit den Jugendeinrichtungen der Bezirke intensivieren. Polizeilich erfasste rechtsgerichtete Jugendliche sollen an die Jugendämter übermittelt werden. Auch Lokalitäten, die als Treffpunkte dienen, werden künftig verstärkt erfasst. Die Abteilung Rechtsextremismus des Landeskriminalamtes wird um 10 Beamte auf 41 Mitarbeiter aufgestockt.

Die Zahl der rechtsextremen, fremdenfeindlichen und antisemitischen Straftaten lag in Berlin im vergangenen Jahr mit 238 Fällen unter dem Bundesdurchschnitt. Der Polizeipräsident führte dies auf die Arbeit der 1992 gegründeten Spezialeinheit zur „Bekämpfung politisch motivierter Straftaten“ zurück. Im Vergleich zum Vorjahr rechnet der Polizeipräsident mit einem Anstieg der rechtsextrem motivierten Straftaten. Dies erkläre sich nicht zuletzt durch die erhöhte Sensibilität, die durch die Diskussion in der Öffentlichkeit ausgelöst worden sei.